Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

64 Wut und Rache schnaubend drohte nun dieser mit der Kriminalklage. Ehe es aber so weit kam, ward der Winkelagent Klauber wegen Betrügereien verhaftet und bekannte, daß sein „Spezi“ der Eisenbahnbauunternehmer Würger jene beiden angeblichen Schuldscheine des reichen Tiroler Holzhändlers gefälscht habe; so kam denn auch dieser ins Ge¬ fängnis, Untersuchung und langjährige Strafe und die geplante Heirat mit Liesel ward zu Wasser. Unterdessen ging's dem Bucher, der nun der beiden Blutegel, die ihm sein Herzblut ausgesaugt, für immer ledig war, viel besser. Er hatte eingesehen, wie schwer auch er gefehlt hatte und war als ein richtiger Mann vom Fehlweg, den er, durch Würger verführt, betreten, wieder in die alte, gerade Bahn, die er so lange gegangen, zurückgekehrt. Er war wieder ganz so wie früher gegen sein treffliches Weib und ebenso arbeitsam und fleißig als vordem. Auch Liesel kehrte endlich in den Hof zurück, wo ihre Wiege gestanden. Jetzt, nachdem ihr die schändlichen Absichten ihres früheren Bräutigams so klar vor den so lang um¬ nebelten Augen lagen, die er gegen sie, gegen ihren Bruder und dessen Frau geplant, und daß es ihm nur darum zu tun gewesen, in den Besitz ihres Ver¬ mögens und des Prachtanwesens ihrer 455 m 2 2 verstorbenen Eltern zu kommen, was ihm, als einen Meister im Schwindel, fast gelungen wäre, hätte sich nicht auch an ihm das alte Sprichwort bewahr¬ heitet: „Der Krug geht so lang' zum Brunnen, bis er bricht“ — fühlte sie erst so recht, daß sie diesen falschen Menschen nicht aufrichtig geliebt habe. Ja, sie er¬ kannte, nachdem sie von dem Bahnbau¬ unternehmer so schmählich getäuscht wor¬ den, daß nur einer schon von früher Jugend an, ihr selbst unbewußt, in ihrem Herzen gelebt, der sich fast, als er sich verschmäht sah, im bitteren, stillen Gram verzehrt hätte — und das war der treue Anderl, der schließlich ihr Mann ward. Die Nachkommen dieses ebenfalls viel¬ geprüften Paares bewirtschaften auch jetzt noch den Bucherhof, den sie vom alten Bucher Toni geerbt hatten, als dieser, der sich durch seine rege Tatigkeit unter Anderls und Liesels treuer Bei¬ hilfe wieder emporgeschwungen, nebst einer Frau nach einer langen einträch¬ tigen Ehe auf dem idyllisch gelegenen Schlierseer Friedhof neben dem stets orgfältig gepflegten Grab seines ihm im Tode längst vorangegangenen einzigen Kindes Annei bestattet worden.. .. Ja, alle waren auf dem Buchhofe durch Gottes Hilfe wieder in die rechte Bahn gelenkt worden!... Friede sei ihrer Aschel... WAR e

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