54 die meisten Küh' auf Deiner Alm, so viel kannst Du immer daheim lassen daß Deine Sommerfrischler die nötige gute Milch haben! Der Bauer schüttelte bedenklich ol diesem Ausweg seinen Kopf und beteuert aufrichtig: „Bei Leib’ nöt, Herr Eisen¬ bahnbauunternehmer, so viel Mili bleibt da nöt! San ihnen ja z' viel Leut' da¬ heim!“ Laut lachend meinte Würger: „Na, nachher schütt' halt brav Wasser unter die gute, fette Milch! Die Fremden merken's doch nicht! Sie sind ja durch ihr Stadtleben an schlechte, blaue Milch gewöhnt, und glauben immer noch Wun¬ der was Gutes sie an Deiner Milch haben, die auch wohl alleweil noch besser sein wird, als die sie daheim haben. Be¬ denk' nur stets das wahre Sprüchl Der Vorteil treibt's Handwerk!“ Dieser Ausweg war zwar dem Bucher ganz neu, doch ging er ihm sehr gut ein. Zwar starrte er eine Zeitlang dem findigen Ratgeber ins Gesicht, das jetzt den Aus¬ druck großer Pfiffigkeit trug, und nur eines erregte ihm noch Bedenken; so er¬ widerte er denn zögernd: „Dös sell wär' schon recht! Aber ist dös sicher, daß d' Stadtleut' nöt draufkummen, daß sie a g’wasserte Mili kriegen? „Bei Leib nicht!“ spöttelte Würger. „Ich habe Dir gerad' gesagt, daß sie zu hause stets den Plempl trinken müssen, da die Milchweiber in der Stadt auch leben wollen und müssen. Der Tiroler Rote war gut, aber auch sehr stark; so blieben denn auch seine Wirkungen nicht auf Bucher aus, der allmählich durch seinen „Freund“ immer mehr ins Trinken hineinkam und gar nicht mehr bemerkte, mit welch höhni¬ schem Gesichte ihm dieser immer wieder die rasch ausgetrunkenen Gläser füllte So sah denn der Eisenbahnbauunter¬ nehmer mit stiller Befriedigung, wie sich die Züge des Buchers immer mehr ver¬ klärten, daß seine Augen stets glänzen¬ der wurden, während die Zunge bei jedem Trunke schwerer ward. Eben jetzt sich rief der Hofbauer so laut aus, daß die ländliche Kellnerin fast erschrocken am Fenster umwendete und etwas ärgerlich über die unliebe Störung ihrer festtäg¬ lichen Rosenkranzfeier auf die beiden un¬ ermüdlichen Zecher herübersah: „Sakra das is' a Weinl! Trinken S' Herr Würger! So jung wie heut', kummen wir nimmer zusammen! Lassen S Ihnen die Stund' nöt reuen, wo S' bei mir san! Und daß Sie's jetzt a wissen i bin derselbige Mensch nöt, der kein Schneid' hat! D' Hand her, Herr Wür¬ ger! Schlagen S' ein! Ich bin jetzt bei allem dabei! Bau'n wir halt, in Gottes Namen, dös Wirtshaus! Die paar tausend Gulden werden mi, den Bucher, a no nöt zugrund' richten!... Jatzt sagen S' nur frei heraus, was wir brauchen! Was i bar hab', dös geb i Ihna! Wenn's nimmer langt, aften müssen wir halt in Gottes Namen schauen, daß wir a Hypothek auf meinen Hof kriegen! Ist's Ihnen so recht, Herr Hoch auf¬ Würger? ... Reden S'!“ horchte der Eisenbahnbauunternehmer fast zu schnell war ihm der plötzliche Ent¬ schluß des ihm so sehr Vertrauenden ge¬ kommen. Doch er war nicht der Mann, das glühende Eisen ungeschmiedet kalt werden zu lassen. Mit scheinbarer Gleich¬ giltigkeit fragte er: „Ob mir's recht ist, Toni? Das ist eine spaßige Red'! Was hab' denn ich davon, wenn Du den Wirtshausbau wirklich unternimmst Das ist ja doch Dein, nicht mein Nutzen! ... Schau, ich mein' es gut mit Dir, und damit Du inne wirst, wie ich nur Dein Glück allein im Auge hab' will ich Dir noch etwas sagen. Toni, Du iehst, wie sehr mich Dein Spekulations¬ geist freut, drum will ich Dir dabei helfen, so viel ich nur kann. Du willst das Kapital, das Du aus Deinen Holz¬ lieferungen gelöst hast, für den Bau des Hausstockes hergeben. Ich weiß ja selber daß es nicht zu viel ist, aber schon Deinem guten Willen gehört ein Lohn! Willst Du Dich also wirklich an den Bau sollass' uns — machen — im vollen Ernst gleich in nächster Woche allesvorbereiten! Du gibtst, was Du an Geld entbehren kannst
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