Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

machten sein ganzes Barvermögen aus. In scheinbar uneigennützigsterWeise suchte ihn der Bahnbauunternehmer zu der Ausführung seines Planes zu be¬ reden und trank dem Bucher, der das Trinken gar nicht gewohnt war, stets mehr zu. . „Bist Du ein Mensch, Toni! rief er endlich, „willst denn alleweil ein geplagter Bauer bleiben, ehe Du Dir wegen der par fehlenden Gulden ans Bauen trauest, das Dich schon in etlichen Jährlein zum noblen Herrn macht Mir ist's aber einerlei, wenn Du Dir selber so im Licht stehen willst, und ich rede Dir auch gar nimmer weiter zu! Würger schloß mit diesen Worten seine Rede, mit der er, sehr lebhaft sprechend, seinen unschlüssigen Zuhörer zu ködern versuchte! Um seinen heim¬ lichen Aerger hinabzuspülen, leerte er hastig sein noch volles Weinglas. Bucher sah verblüfft seinen vermeintlich guten Freund an und sagte mit gutmütigem Lächeln: „Mein! Herr Eisenbahnbau¬ unternehmer werden S' nur nöt gleich bös! So viel tu' i schon d’rsehen, daß Sie's gut meinen! So a G’schäft aber laßt sich halt nöt gleich übers Knie ab¬ brechen! Da muß man schon a bissel nachsinnieren! Der Bucherhofbesitzer sann in tiefem Schweigen eine Zeitlang vor sich hin, dann blies er hastig den Rauch aus seiner Zigarre... „Mehr als auf 15.000 fl. sagen S' käm der ganze Haus¬ tock nöt? Um dös Geld baut man ihn fix und fertig?“ fragte der Bauer end¬ lich „Ein paar hundert Gulden auf oder ab, das läßt sich bei einem so großen Haus zuvor nicht bestimmen! Doch ganz eingerichtet dreht sich der Bau um diese Summe. Ist aber das auch ein Geld, Bucher, für Dich, für einen solchen Bauern, der an der ganzen Schlierack den größten Hof hat, und der überall, wenn er Geld braucht, dieses sofort er¬ hält!“ Bucher schwieg wieder, tat einen tüch¬ tigen Trunk Wein und kratzte sich dann bedächtig hinter den Ohren. „Sie reden 53 vom Ausborgen, Herr Würger!“ meinte er schließlich. „Unrecht wär' dös sell wohl nöt, bald's so leicht ging, wie man so meint! Bei uns herinnen tut aber keiner gern a Geld herleihen, und möcht a einer, nachher hat er nöt so viel, daß er's furtleiha kann. Nöt ein von allen unseren Bauern wüßt' i mir, der mir, wenn i heut' a 'mal deswegen zu ihm komm', was gäbe! Dös aber, wasi selber machen kann, bedeut' nöt viel! In jatzigen harten Zeiten kann sich a Bau¬ ernmensch nöt viel erübrigen!... Und hat er doch eppes erspart, dös braucht er bei Putz und Stingl fürs Haus und den Hof! Denn daselben muß man all¬ weil was ordnen und richten, daß nöt alles verkummt! Glauben S' mir's nur frei, Herr Eisenbahnbauunternehmer, die paar tausend Gulden, die i mir mit dem Holzliefern verdient hab’, sind all mein Bargeldl! Täten S' mich a auf'n Kop stellen, kein Kreuzer fallet mehr aus der Tasch'!... Dös Geld wendet i gern aus den Bau;. .. meinetwegen sollt's a hin sein, nachhern war's noch nöt völlig aus, —aber gleich 15.000 Gulden! Na sakra, und sonst nix um dös schöne viele Geld als g'rad' den Hausstock!“ „Grund und Boden hast Du ja genug ums Haus!“ sagte Würger, indem er sein volles Glas an das Buchers an¬ klingen ließ, „und für die Sommer¬ frischler tut's ja schon ein grüner Rasen¬ fleck mit etlichen Bäumen, die Du leicht aus Deinem großen Hofgarten hieher versetzen lassen kannst, damit an schönen Tagen die Fremden im Freien ihren Kaffee trinken und Mittag= und Abend¬ essen einnehmen können. „Aber fürs Wirtshaus müssen auch Kühe g’halten werden; die brauchen einen Stall, und ein Stadl fürs Heu tut auch not!“ bemerkte der Bauer wieder mit sehr bedenklicher Miene „Bucher, sei mir doch nicht so be¬ griffstützig!“ widerlegte Würger eifrig diesen neuen Einwand, „Du hast ja doch genug Melkvieh auf Deinem Hofe, der gar nicht weit vom geplanten Bauplatze weg ist! Hast Du auch über'n Sommer

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