Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

39 Die Tochter des Goldgräberlagers. Nach dem Französischen von Wilhelm Thal. Begehren. Sie nahmen nur kräftige, I. starke, arbeitstüchtige Männer, nicht Goldsuchlagern, allen on8200 Schwächlinge, wie den da. Nun, schlie߬ die an den Ufern des Ameri¬ lich konnte man ihn ja anhören; am Skan=River zu finden waren, Sonntag wurde nicht gearbeitet und mit gab es kein malerisches, als seiner Geschichte vertrieb er ihnen die Zeit. das von Los=Angeles, und in Los=Ange¬ Er hieß Burton. In New=York ge¬ les keinen tüchtigeren Arbeiter und keinen boren, hatte er frühzeitig seine Eltern treueren Gefährten, als Frank Morgan. verloren, war Feldmesser und Kommis Dagegenhätte man vergebens Kalifornien gewesen und hatte sich in einer jener sel¬ durchstreift, ohne einen leidenschaftlicheren tenen Zeiten verhältnismäßigen Wohl¬ Spieler und bei Gelegenheit einen stands verheiratet, dann hatte ihn das stärkeren Trinker zu finden. Wie dem Elend wieder erfaßt, wie die Katze die nun auch sein mag, trotz seiner Fehler be¬ Maus wieder packt, die sie einen Augen¬ wunderten ihn seine Gefährten, und sein blick hat aufatmen lassen. Um seine Frau, Wille war Gesetz. Brewer, der Besitzer die ebenfalls schwach und kränklich war, der einzigen Schenke des Ortes, hütete und seine kleine Tochter zu erhalten, hatte sich wohl, ihm den Kredit zu verweigern er alles versucht. Seine Frau war vor und daran tat er gut, denn Morgan zahlte Not gestorben; die Last des Lebens war stets freigebig, wenn auch unregelmäßig für ihre Kräfte zu schwer. Verzweifelt Palmer und Dexter, die beiden anderen war er nach San Francisco aufgebrochen, Starrköpfe des Lagers, ordneten sich ge¬ und seine Schwägerin hatte sich bereit wöhnlich seiner Meinung unter oder finden lassen, das Kind bei sich zu be¬ vermieden es wenigstens, ihm offen ent¬ halten, bis er eine Stellung gefunden gegenzutreten. Die schönste Eintracht und imstande wäre, es nachkommen zu herrschte also in Los=Angeles, als das lassen. Lager durch einen unerwarteten Zwi¬ Seit acht Monaten durchirrte er Kali¬ schenfall in Aufruhr versetzt wurde. fornien, verdiente hier und da einige An einem Sonntag kam ein kleiner Mark und hatte guten Mut, doch wenig magerer, kränklich aussehender Mann, Kräfte. Er kam von Mormon=Hill, wo es der mit einem langen, abgetragenen für ihn keine Stelle gab. Man hatte ihn schwarzen Rock bekleidet war, nach Los¬ abgewiesen, ohne ihn auch nur anhören Angeles. Er kam aus dem Nachbarlager zu wollen. von Mormon=Hill und trug auf einem Hier? . . . Vielleicht! . .. Nein? * Stocke ein Bündel mit Sachen, sein gan¬ hier Er sah wohl, man würde ihn auch zes Gepäck. Furchtsam blieb er an Bre¬ —. nicht annehmen! . . . Nun, so würde er wers Tur stehen, bat ihn um einen Zwie¬ Das anderswo suchen.... Wos . back und ein Glas Wasser, aß und trank wußte er nicht!... Er war matt und wie ein Mann, der lange gefastet hat, müde. bezahlte seine Zeche und erkundigte sich, Würde man ihm wenigstens gestatten, ob er nicht in Los=Angeles Arbeit finden die Nacht im Lager zuzubringen? Er könnte. würde niemandem zur Last fallen. Er Brewer betrachtete ihn und zuckte die besaß noch etwas Geld, um sein Essen Achseln; dann rief er Frank Morgan und Nachtlager zu bezahlen. Palmer, Dexter und fünf bis sechs andere Und seine magere Hand zog aus seiner herbei. dünnen Ledertasche das wenige, das er Als sie das Verlangen des Fremdlings . besaß, und ließ dabei zu seinen Fußen vernommen, wunderten sie sich über sein

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