28 g’schnapp; da fehlt sich nichts! Du — das reichste und schönste Dirndl am ganzen See herum!... Doch, ich hab' Dir's alleweil prophezeit, daß Hochmut vor'm Fall kömmt! Zuvor bist so hoffärtig wie ne Prinzeß gewesen, daß sich zu Dir kein Mensch mehr hingetraut hat, und hast immer spöttisch gesagt: „Ich mag nicht, der Rechte muß erst kommen!“... Jetzt — ist er da der saubere Rechtel... Mit Dir möchte ich schon geradezu aus der Haut fahren!... Hal hal... Ein Buckliger ist ihr, dem verdrahten Madel, der Rechtel!... Mit diesen Worten sank er ganz er¬ schöpft in seinem Lehnstuhl zurück und warf erbost seine Mütze auf die Stuben¬ diele hin. Jedoch Anna ließ sich dadurch nicht sondernsagte entschieden: beirren, „Schau' Vater! ich muß ja mit ihm leben, kein anderer Mensch!... Und ag' nur selber: ist denn der Lienhard nicht ein grundgescheiter und ordent¬ licher Bursche, den unsere ganze Gemeinde liebt und ehrt?!“ „Wohl! ... wohl!“ sagte bedächtig der Vater. „Aber was tue ich mit seiner großen Gescheitheit? ... Diese braucht kein Müller und kein Bauer — und ge¬ rade Glieder an einem Hochzeiter sind mein' ich — kein Unglück!“ „Aber, lieber Vater!“ versetzte Anna, „Du hast mir alleweil vorgepredigt, ich soll beim künftigen Jochmüller nicht auf Schönheit schauen! ... Und jetzt — jetzt sprichst Du ganz anders!“ ( „Ich hab' mir doch nicht einbilden können, daß Du aus purem Gehorsam Dir den Allergarstigsten, noch dazu einen Buckelorum aussuchst!“ sagte der Müller mit ernsthafter Miene. „Garstig? — Nun garstig ist der Lien¬ hard doch gewiß nicht!“ verteidigte voll Eifer Anna den von ihr erwählten Bräutigam. „Wenn er auch bucklig ist, dafür ist sein blasses, schmales Gesicht so lieb und gut, daß mir, wenn ich ihn so anschaue, mein Herz völlig vor Weh' und Mitleid sich zusammenzieht!“ „Jetzt hör' mir auf!“ rief der Müller, indem er seine Hände zusammenschlug. „Ist es denn bei Dir Brauch, aus Mit¬ leid einen Burschen zu heiraten? ... Da müßt sich ja zuvor jeder frische, g’rade Bub einen Arm oder Fuß abschlagen lassen, daß er krumm wird, oder sich gar — einen Buckel wachsen lassen!“ „Auch hab' ich den Lienhard schon gern g’habt, wie wir noch in Grafing als Kinder miteinander gespielt haben! Und jetzt, nachdem ich ihn wiedergesehen, hat mir's wohl unser Herrgott selber einge¬ geben, daß ich nur ihn zum Mann will und, als ich damals auf dem Kocheler Kirta so abscheulich gegen ihn gewesen hab’ ich ihn ja gar nimmer gekannt, weil er als Bub so schön und g'rad war, und erst später das Unglück über ihn ge¬ kommen ist!“ Den Alten litt es nimmer auf seinem Stuhl, er mußte seinen Unmut, in der Stube auf= und abgehend, verdampfen lassen! ... „Nein! nein!“ rief er dazu, „du damisch' Ding! Die Sachen versteh ich besser! Du machst Dir lauter Zeug weiß, und erst, wenn's zu spät ist, geh'n Dir die Augen auf! ... Das wär' mir die richtige Gaudi, wenn einmal um mich, den Großvater, bucklige Enkel herumstehen oder laufen würden!“ „Vater! tu' Dich nicht arg versündigen! Ich aber bleib' bei meinem Vorsatz, daß kein anderer als der Lienhard mein Hoch¬ zeiter werden soll! Es ist uns zwei ein¬ mal so aufgesetzt! . .. Drum Vater! gehl hin zu ihm und ... „Jetzt freut mich mein Leben erst!“ lachte der Müller, „statt daß der zu¬ künftige „Herr“ Schwiegersohn zu mir ins Haus kommt und mich schön bittet soll ich zu ihm gehen und ihm meine einzige Tochter auf dem Präsentierteller antragen, daß er diese um Christi Willen heiratet! Ja, ich sag's alleweil, es wird immer schöner!“ „Das braucht's doch nicht!“ entgegnete Anna gekränkt! ... „Doch allerdings, der Lienhard kommt mit diesem Anliegen in alle Ewigkeit nicht zu uns! Er traut sich das gar nicht; ich kenn' ihn ja zu gut!...
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