14 ter auf einander; schon gab das Schloß etwas nach, da verstummte plötzlich die Wahnsinnige... Die Wärter hielten inne und lauschten; aber ehe noch der Gerichts¬ arzt Befehl geben konnte, die Thüre ganz einzuschlagen, quoll Brandgeruch und Rauch durch die Ritzen und Spalten der¬ selben, der immer stärker wurde. .. „Sie legt Feuer!“ rief der erprobte Physicus (Gerichtsarzt), „nur schnell mit der Thür da weg!“ Die Ehehalten mußten so rasch als möglich die Hofspritze herbeischaffen, Wasser pumpen, die Feuerhaken bereit halten... Endlich wich die Thüre in ihren Angeln. Die ganze Stube war von dichtem Rauch erfüllt; einzelne Flamm¬ chen züngelten auf, rasch vom Luftzug vergrößert; bereits brannte das Bett und schnell verbreitete sich das Feuer. Wäh¬ rend nun die Wärter ins Gemach ein¬ drangen und den Knechten die Einrich¬ tungsgegenstände reichten und zuschlepp¬ ten, suchten der Pfarrer und Gerichtsarzt im Qualm nach der Verrückten. Vevi war den beiden Herren voll Angst gefolgt und rief nach ihrer Mutter, die spurlos ver¬ schwunden schien. Stets ärger wurde der Rauch. Schon drohte die Gefahr des Er¬ stickens, und der Physicus gebot: „Schlagt die Fenster ein!“ Nun, wo die Scheiben klirrend zu Boden fielen, zog sich wohl der Qualm ins Freie, doch das Feuer loderte hoch auf und brannte fort. Zweifelsohne hatte sich die Irrsinnige durch eine zweite Thür geflüchtet, die auch schon zu kohlen anfing. Unter den Ver¬ folgern wuchs die Aufregung, während man hier die Brunst löschte, denn diese zweite Thür führte, wie die Haustochter hastenden Athems versicherte, auf die Tenne. Aber noch ehe diese unter den hageldichten Hieben in Trümmern brach, scholl bereits vom Hofe her der Schreckens¬ ruf: „'s Heu brennt!“ Ein weiteres Vor¬ dringen diesem Stadel zu war gänzlich unmöglich, denn lichterloh schlugen wilde Flammen den Anstürmenden entgegen, die immer weiter fraßen, und ihr Geprassel wurde plötzlich nur von dem Geschrei der zahlreich draußen im Hofe versammelten Nachbarn übertönt, das voll Entsetzen ver¬ kündete, die „Besessene" sei auf dem Scheu¬ nendach und klettere mit schauerlichem Gelächter zum First empor, wo sie sich an den Blitzableiter anklammere, indeß das Feuer gierig das Dachgebälk ergreife. Der schreckensvolle Anblick lähmte den Leuten die Arme und Thatkraft, doch schon sind auch Pfarrer und Gerichtsarzt am Platze, und indeß die Hofspritze und an¬ dere, die eilends herbeigeholt worden, un¬ ablässig arbeiten, Wasserstrahlen um Wasserstrahlen auf das Dach hinauf¬ plätschern lassen, wimmern die Orts¬ glocken ihren Noth= und Hilferuf, und von Nah und Fern stürmte Alles dem bedroh¬ ten Roßberger=Anwesen zu. „Leitern her!“ befiehlt mit Donner¬ stimme der Doctor. Schnell schleppte man, was davon vorhanden war, zur Brand¬ alle stätte; doch — neues Entsetzen! — jetzt hat¬ zeigten sich als zu kurz! Jetzt ten die Flammen den Dachstuhl durch¬ gefressen, und nur mehr kurze Entfer¬ nung, und die Brunst hat die Wahn¬ witzige ereilt!... Bei diesem entsetzlichen Anblick brach Vevi ohnmächtig zusammen. Wohl waren während dem neue Spritzen angerasselt. Hilfe von allen Seiten herbei gekommen, aber auch die Leitern, welche diese An¬ kömmlinge mitgebracht, erwiesen sich als nicht lang genug, und zum Zusammen¬ binden von zwei gebrach es an der Zeit, denn schon streckte der furchtbare Flam¬ mentod seinen glühenden Rachen nach dem wahnbethörten Opfer aus. Starren Auges, mit stockendem Athem schaute die entsetzte Menge zu dem grau¬ sigen Schauspiele auf.. Ein aus den Bergen daherwandernder Bursche in soge¬ nanntem „Miesbacherg'wandl“ hatte von ferne die Feuersbrunst gesehen, war einen Augenblick wie vom Blitz getroffen stehen geblieben, hatte sich aber sofort wieder ge¬ faßt und, im Dauerlauf dahinrasend, drängte er jetzt schon mit kraftvollen Ar¬ men die Leute auseinander; mit einem Sprung erfaßte er die dicke Blitzableiter¬ stange und kletterte an ihr behend empor
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