6 ob sie ihn denn wirklich gern habe — so recht lieb für das ganze Leben, bis zum Tod?! Und so schwor sich denn das so ganz für einander geschaffene Paar treue Minne in Leid und Freud bis an das Grab! ... Seine großen Zweifel, die er in die Einwilligung der Mutter in ihren Ehebund setzte, minderte das Dirndl durch die Betheuerung, daß ihr von dieser noch nie ein Wunsch versagt worden sei, und am wenigsten der, an dessen Erfüllung ihr Glück hänge! Zum Abschied sprach sie noch: „Lass’ uns nur auf Gott vertrauen, Alles wird dann recht werden!“ Zuletzt brach sie ihm eine der größten und schön¬ sten Nelken; er küßte innig dasschöne Blümchen und steckte es neben den Spiel¬ hahnstoß. Da die Ehehalten jeden Augenblick heimkommen konnten, schied Toni rasch, denn er wollte den Ruf des Mädchens schonen! Als er fast schon auf die Land¬ straße gekommen war, begegnete er zwei Bauernweibern, von denen er wußte, daß diese am nachhaltigsten Frau Kathi wegen des Hofverkaufes und der Legate bear¬ beiteten. Augenblicklich begriffen die Beiden, daß sie nun eine günstige Gele¬ genheit hätten, ihre Angriffe auch auf die Haustochter auszudehnen. Sofort forschte die infolge des Vorbringens der beiden „Freundinnen“ aufgehetzte Roßbergerhof¬ besitzerin, ob etwa der Bursche in dem „Miesbacherg’wandl“ „heroben“ gewesen sei, und was er dann gewollt habe. Sie zitterte vor zorniger Aufregung und ver¬ mochte kaum den Rosenkranz über den Weihwasserkessel aufzuhängen. „Das, was er gewollt hat, sag' ich der Mutter, wenn wir allein sind“, entgegnete Vevi mit einem nicht mißzuverstehenden Blick auf den ihr unleidigen Besuch, der sich nun widerwillig auf die Gräd hinaus¬ begab. Die Zwei witterten förmlich den Beginn des Kampfes zwischen Mutter und Tochter; dabei wären sie nun gar zu gern ihrem Opfer, der Roßbergerin, bei¬ gestanden. Als sie nun unter vier Augen C waren, rief Frau Kathi: „Red'! Ich will wissen, was der Loder auf meinem Hof zu schaffen gehabt hat!“ Wohl mochte ihr eine Ahnung des Kommenden aufdäm¬ mern, und sie fühlte ihre Aufregung zu¬ nehmen. Ruhig, aber ihren Blick fest auf die Mutter gerichtet: „Mich will er zu seinem Weibe! Da schrie nun die Bäuerin: „Was nicht gar! Der Hab'nichts und lumpige Tag¬ dieb?! Glaub's ihm wohl, daß er sich recht bequem in den schönen Roßbergerhof hereinsetzen und den Bauern spielen möcht'! Aber in aller Ewigkeit wird dar¬ aus nichts, und, damit, Du es nur gleich weißt, das Anwesen wird verkauft und Du mußt ins Kloster, weil ich, Deine Mutter, für Dein Seelenheil sorgen muß. Verstehst mich?“... Entsetzt rief Vevi: „Um aller Heiligen Willen, Mutter! Ihr wollt das Prachtanwesen verschleu¬ dern, den Erbschleichern in den Rachen werfen?“ „Ja, Dir paßt es wohl nicht! Kann mir's denken!“ versetzte zornglühend Frau Kathi, „meinst mit Deinem Loder her¬ oben als Roßbergerhof=Bäuerin aufzu¬ ziehen!... Sperr' Di net länger gegen mich, Deine Mutter! Ich bin die Bäuerin! Mir, nur mir allein gehört das Gut. Niemand als ich hab' in der Sach' zu reden und zu handeln! Schon in der näch¬ sten Woche wird zu Miesbach beim Notari verbrieft, und Du — Du marschirst mir ins Kloster. Wegen Dir will ich nicht mein Seelenheil opfern!“ Von dem hitzigen Wortstreit angelockt, hatten sich die beiden Weiber immer mehr der Stubenthüre genähert und waren bei den letzten Worten Frau Kathi's schlie߬ lich ins Gemach getreten, wo sie ihr denn allsogleich ihren vollen Beifall zusprachen. So recht zu Veverl's trüber Seelen¬ stimmung passend, folgten dem schönen Festtagsmorgen Regentage! Im Roßber¬ gerhof fanden sich Mutter und Tochter nimmer zusammen, ja, sie wichen sich aus. Der Friede war aus dem stattlichen An¬ wesen gewichen. Jeder Versuch wohlmei¬ nender Leute, die eigensinnig in ihren Plan ganz verrannte Bäuerin umzustim¬
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