4 tigten die so weihevolle Stimmungder¬ selben!... Ja, schön — unendlich chön ist die stolze Bergheimat!... Die Juni=Morgenluft säuselt schmei¬ chelnd, wonnig zur Gräd im Roßbergerhof hinauf und umkoste die dicken, prächtigen Flechten der Haustochter, als wollte sie sich von ihr eine Belohnung abschmeicheln für den lieben Besuch, den sie heraufge¬ weht. Auch Sultan wittert nun etwas; er schnuppert im leichten Wind, springt auf und bellt — jedoch freudig — den durchs Pförtlein Eintretenden an. Aller¬ dings ist er nur ein Fremder, gehört nicht zum Hofgesinde, jedoch für den vierfüßi¬ gen Hofwächter war er ein lieber Freund, und Toni — niemand Anderer als er ist der Ankömmling— fand sich stets von diesem freundlichen Empfang des sonst so mürrischen Gesellen sehr angenehm berührt. Heute sah der Bursche besonders gut aus, denn er trug das allbekannte Berglerg'wandl der kraftstrotzenden Söhne jener Vorberge, das sogenannte „Mies¬ 77 bacher Kluftl: Mit kühnem Juhschrei warf er sein mit Gamsbart und Spiel¬ hahnfedern geschmücktes grünes Koglhütl hoch in die Luft, fing's gewandt wieder auf und sprang dann mit mächtigen Sätzen zur Gräd die Steinstufen hinan, wo seine Falkenaugen schon unten von der Straße aus die schöne, schlanke Bauern¬ tochter erschaut hatten. Jedoch das Dirndl nahm die ihm vom Burschen treuherzig dargebotene Rechte nicht an! „Viel besser stünd's Dir, im Amt 3 sein als ein einschichtiges Madl imHof zu überfallen, wenn d'’ Mutter und alle Ehehalten in der Kirche sind!“ Bei diesen Worten machte Vevi so zornige Augen, als wäre sie sehr ergrimmt, während sich doch ein diesem Grollen ganz entgegen¬ gesetztes Gefühl in ihrem Herzen regte. Ueber diesen so ganz unerwarteten Em¬ — pfang verblüfft, stammelte Toni eine Ent¬ schuldigung hervor, konnte aber die rich¬ tigen Worte nicht finden und brachte nichts hervor als: „Ja, wie wär' mir dann?!“ und drehte dabei sein Hütl mit den Fingern wie einen Kreisel herum Aber aus den braunen Augen des Dirndls lachte schon wieder der Schelm, wie nach einem Gewitter die Sonne aus dem abziehenden dunklen Gewölke lugt. Sie hielt ihm nun ihre von harter Arbeit schwielig gewordene Rechte hin und sprach herzlich: „Grüaß' Dich Gott!“ Darauf aßen sie dann auf der Gräd stumm eine lange Weile einträchtig beisammen, bis unten im Markt das wieder laut ertönende Glockengeläute die Beendigung des Gottes¬ dienstes anzeigte; ja es ging geraume Zeit vorbei, bis die Beiden zum Austausch ihrer Gedanken und übervollen Herzen kamen. Vevi aber überwand nach Mädchenart ihre Befangenheit doch rascher als der Bursche und sprach mit so hellem Lachen das wie munterer Finkenruf im mai¬ grünen Laubhag tönt: „Fast ist mir, als hätten wir Zwei uns was zu sagen, und keines weiß es so recht... Meinst Du es net a?“ „Ich?!“ rief Toni laut. „Wie viel!... wie viel! ... und wie gern, und dennerst hat's mir die ganze Red', die ich aus¬ studirt hab’, völlig verschlagen! Darauf mit den schalkhaften hellen braunen Augen zwinkernd, versetzte die Haustochter: „Schaut's nur her, a so a großer Bua und so patschet! (Linkisch.) Da wüßt' am End' gari es besser!“ Nun erhob sich in lieblicher Verwirrung das Mädchen, dem Toni jedoch pochte das Herz gewaltig und, indem sich die Worte über¬ hasteten, kam wie ein Wasserstrudel der Anfang wenigstens der lang zurückge¬ drängten Rede hervor: „Ich — ich wüßt's wohl auch, aber i mein' alleweil — besser ist's, wenn nichts von dem laut wird, was i zu sagen hätt', und so wieder geh'!... Tief traurig richtete er den Blick ins Weite, denn gerade in diesem Augenblick fiel ihm centnerschwer seine Armuth aufs Herz, und das bittere Gefühl überkam ihn, daß er es ja gar nie wagen dürfte, er der arme Braubursche und Mälzer seine Augen zu der schönen, vielumwor¬ benen einzigen Tochter des verstorbenen Roßbergerhof=Bauern zu erheben!... Die
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