Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

Der Kravattelwürger. Eine wahre Geschichte ausdem Schlierseer Hügellande. wischen Miesbach und Schliers, daher, dessen Thürme stolz ins Schlier¬ in den Vorbergen des bay¬ achthal blicken, und der Kutscher des Ba¬ rischen Hochlandes steht der * 6 rons zeigte durch sein Peitschengeknall an stattliche Roßbergerhof. Der daß sein Gebieter vorfahren wolle große Bau ist von Bims= und Ziegel¬ Ausweichen?! —er, der Roßberger, steinen aufgeführt, jedoch Verputz und ausweichen?!... nicht um eine Rolle Tünche schimmert blank und glänzen Zwanzig Mark=Stücke! ... So peitschte weiß, und herrschaftlich nehmen sich dazu denn der Bauer wie rasend auf die jungen, die grünen Fensterläden aus und die dort feurigen, einer solchen Behandlung ganz seltene Schieferdachung. Massiv gebaute ungewohnten Gäule ein, und diese tolle Ställe und Scheunen sind um das Wohn¬ Fahrt, dieses unsinnige Jagen kam denn haus aufgefuhrt, und eine Mauer um¬ auch zu dem Ende mit Schrecken, welches friedet den schloßgutähnlichen Besitz. Der jeder Besonnene voraussehen mußte!... „Roßberger galt jedoch auch bis zu den An einer Biegung der Straße ward der reizenden Ufern des Schliersees und den Leiterwagen von einer Stundensäule an Lauf des Abflusses desselben, der Schlier¬ die er angerannt, in den Weggraben ge¬ ach entlang, im ganzen Thalgrund als schleudert, der Bauer fiel aus seinem Ge¬ der „schwerste“ — der reichste—Bauer fährte, auf ihn aber stürzte das Gespann der Umgegend. Auf diesen Ruf war er Allerdings kam rasche Hilfe! Doch nimmer aber auch nicht wenig stolz!... Fuhr er war dem tödtlich Verwundeten zu helfen. nach Rosenheim zur Schranne, spannte er der mit eingedrücktem Oberschädel unter stets vier Pferde mit seinem Leibsprüch¬ den großen, schweren Rädern hervorge¬ lein vor: „Haben thun wir's ja!“ Hatte zogen wurde... Der Sterbende hauchte er dann sein Getreide gut verkauft, dann auch schon auf der Fahrt zum nahen ging's in der „Post“ daselbst hoch her; Dorfe Thalham seinen Geist aus. * der Tisch bog sich fast unter den auf¬ Sein Weib und Vevi (Genofeva) , die getragenen Speisen und Getränken, und einzige Tochter und Kind des Verunglück¬ eine „Zeche“ erzählte den anderen ten, beweinten Gatten und Vater aufrich¬ Schrannenbesuchern von dem vollen Geld¬ tig; trotz des stolzen, jähzornigen Wesens beutel des Bestgebers, dessen Hochmuth war der Roßberger doch ein guter Mann an solchen Glanztagen seiner bäuerischen und einsichtsvoller Hauswirth gewesen! Hochfahrt keine Grenze kannte. Reges Leben und Lust hatten stets auf Einmal nun war er wieder vierspännig seinem schönen Hof geherrscht, während in die „Stadt“ gefahren, wie im weiten daselbst jetzt eine geradezu klösterliche Umkreise Rosenheim vom umwohnen¬ Ruhe einkehrte und jede Spur von Froh¬ den Landvolke schlechtweg genannt wird, sinn mit dem gewaltsamen Tode des frü¬ hatte aber aus eigener Zucht zwei junge heren Besitzers ausgetilgt zu sein schien noch ganz uneingefahrene Gäule mit an¬ Nur wenn der reiche Erntesegen auf hoch¬ schirren lassen... Hätte nun der Bauer beladenen Wagen eingebracht ward und nach dem ländlichen Fest der sogenannten auf der Heimfahrt seine allgemein be¬ Sichelhenk“ von der großen hallenartigen wunderten Rosse so laufen lassen, wie es Tenne die Drischeln im gleichmäßigen die schon aus eigenem Antrieb thaten, um Taktschlag ertönten, ließ sich wieder etwas recht bald in ihren heimatlichen Stall zu Leben im Roßberger Anwesen hören!... kommen, so wäre Alles gut, wie immer Schon von je her war Frau Kathi, die abgelaufen; hinter ihm jedoch kam die Bäuerin, sehr zur Frömmigkeit geneigt; herrschaftliche Equipage des freiherrlichen jetzt, da sie Niemand mehr an ihren An¬ Besitzers des alten Schlosses Wallenburg 1 Wucherer so *) Die altbayrischen Bauern heißen einer

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