Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

168 mehr die Frage des Baues einer großen Artilleriekaserne an die Stadt Steyr heran, zu deren Lösung bereits die ersten Schritte unternommen wurden. Einige Beschäftigung in den Winter¬ monaten verschaffte für die Steyrer Ar¬ beiterschaft der Ausbau des Quais am rechten Ennsufer in Steyr unterhalb der Neuthorbrücke, wozu vom Staate für dieses Jahr 12.000 K bewilligt worden waren.— Umso erfreulicher ist es, daß doch in ein¬ zelnen Orten des Bezirkes in gewerblicher Beziehung manches geschaffen wurde, was zur Förderung der localen Interessen beitrug. Der Bau des Bosrucktunnels zur Pyhrnbahn machte seine programmäßigen Fortschritte. Unser Bild auf Seite 167 zeigt im Hintergrund den Eingang in den Tunnel. Unmittelbar vor demselben links steht die Baracke für den Ventilator, der die frische Luft durch eiserne Röhren in den Tunnel befördert. Ferner sieht man auf dem Bilde links die große Materialbewegung (Mitte April) zur Herrichtung des Plateaus für die Aufstellung der Installationsgebäude, Arbeitercolonien, Magazine, Depots 2c. Im Vordergrunde rechts sieht man den Ober¬ ingenieur v. Brunswik, links den Bau¬ unternehmer Engelbert Da Giau, beide in Thätigkeit mit ihren Instrumenten, um das Niveau und andere technische Arbeiten für das angedeutete Plateau zu bestimmen. Der Pyhrntunnel wird eine Länge von 4700 Metern erhalten. Der Tunnel wird eingeleisig hergestellt. — Vom Stollenmund angefangen bis auf eine Tiefe von circa 100 Metern war bei der Bohrung braune Jura vorherrschend, dann kam weitere 50 Meter fester Conglomeratstein in allen Farben, weitere 30 Meter Talgschiefer, dann 20 Meter Moräne und 70 Meter tief feinster Gips, gemischt mit Alabaster. In der Tiefe von 260 Metern wurde eine Salzquelle mit drei Secundenlitern entdeckt. Der weitere Rest des Stollens bestand Anfangs in weichem, dann hartem Schiefer. Der tägliche Fortschritt der Bohrung betrug 2·5 Meter. Am 15. August trat auf der Südseite des Bosrucktunnels in Ardning bei 582 Meter Stollenlänge ein großes Elementarereigniß ein, indem man auf eine colossale Wasser¬ menge stieß, welche nicht weniger als 800 Secundenliter lieferte, das waren in einer Minute 48.000 Liter Wasser. Dem Tunnel entströmte daher ein ganzer Fluß. Die Ar¬ beiter konnten rechtzeitig den Stollen ver¬ lassen, so daß kein Menschenleben zu Grunde ging. Der Bau auf der Südseite mußte, bis das Wasser abgelaufen war, eingestellt werden; die Unterbrechung war jedoch nicht von langer Dauer, da der Wasserzufluß schnell abnahm und schon am nächsten Tage nur mehr 100 Secundenliter betrug. Aus diesem Anlasse besichtigten der Eisenbahn¬ minister Dr. R. v.Wittek und der Eisen¬ bahnbau=Director,Sectionschef Wurmb, den Südstollen. Am 24. August besichtigte Landeshauptmann Dr. Ebenhoch den um diese Zeit bereits 540 Meter langen Stollen auf der Nordseite. Der Bauplatz und der Stolleneingang waren anläßlich des hohen Besuches festlich geschmückt. Am andern Tage hielt der Landeshauptmann in Spital a. Pyhrn eine Bürgermeisterconferenz für den Gerichtsbezirk Windischgarsten ab. Von Bedeutung für das Kremsthal war die Verstaatlichung der Krems¬ thalbahn, deren Uebernahme in den Staatsbetrieb mit 1. November erfolgte. Dieselbe wird in Folge des Baues der Pyhrnbahn in eine Hauptbahn umgewandelt. In baulicher Beziehung wurde in verschiedenen Orten des Bezirkes noch man¬ ches Erfreuliche geschaffen. Bezüglich der geplanten Restaurirung der Pfarr¬ kirche in Sierning ist zu melden, daß die umgearbeiteten Pläne von der k. k. Central¬ commission für Kunst= und historische Denk¬ male nunmehr auch genehmigt sind und wahrscheinlich nächstes Jahr mit den Ar¬ beiten begonnen wird. —Das Project der Hochquellen = Wasserleitung in Weyer ist bereits in das Stadium seiner Durchführung getreten. Im Herbste vorigenJahres wurde die Straßenbenennungin der Neuschönau bei Steyr durchgeführt, sowie die Orts¬ regulirung und Canalisirung in An¬ griff genommen. Die regelrechte bauliche Entwicklung des Ortes, welche immer mehr fortschreitet, ist durch einen von der k. k. Be¬ zirkshauptmannschaftSteyr genehmigten Parcellirungsplan für die Zukunft gesichert. Die Kneipp=Kuranstalt in Neuschö¬ nau erfreut sich, seit sie unter Leitung des eigenen Anstaltsarztes Herrn Med.=U.=Dr. Stephan Puchy steht, zunehmender Beliebt¬ heit und Frequenz. Pro 1902 zeigt die Cur¬ liste einen Besuch von: Absdorf, St. Agatha, St. Andrä, Belovar, Gezersdorf (N.=Oe.) Haidershofen, Kirchdorf, Losenstein, Neuzeug, St. Peter, Scheibbs, Seitenstetten, Stadl¬ kirchen, Traisen, Ulmerfeld Urfahr, St. Ul¬ rich, St. Valentin, Weißenkirchen, Wels, Wien, Windischgarsten, und vom Auslande: aus Neidlingen (Bayern), Paris Providence U.=St. Amerika's) 2c. Die Curgäste bleiben e nach Art des Leidens 4 bis 8 Wochen in Behandlung und werden in den beim Frem¬ denverkehrs=Comité in Steyr ange¬ meldeten Wohnungen untergebracht. Die Anstaltsleitung ist stets bestrebt, den Cur¬ gästen den Aufenthalt möglichst angenehm zu machen und die Anstalt weiter auszu¬ gestalten. So wurde im Herbste 1901 und im Frühjahre 1902 der bisherige Obstgarten bei der Anstalt in einen Cur=Park um¬ gewandelt und auch für Gartenfreunde in¬

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