Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

160 damaligen Schuldieners gleichen Namens an der Hauptschule zu St. Michael in Steyr¬ dorf geboren. Sein Vater war aus Dambach bei Garsten gebürtig und starb 1885 im Alter von 87 Jahren; seine Mutter, namens Francisca, starb 1879 in ihrem 82. Lebens¬ jahre. Er erlernte das Malergewerbe und genoß seine Ausbildung bei dem damals bestbekannten akademischen Maler Größer, var lange Zeit auf der Wanderschaft, ar¬ beitete in Wien, Wiener=Neustadt 2c. und etablirte sich in den 50er=Jahren in seiner Vaterstadt, wo er es durch Fleiß zu Wohl¬ habenheit und Ansehen brachte. Vor etwa 25 Jahren kaufte er das Drobny=Schneider¬ haus in der Goldschmiedgasse. Im Jahre 1897 erwarb er das Haus Bahnhofstraße Nr. 16 durch Kauf dazu, wohin er dann übersiedelte und welches auch sein Sterbehaus wurde. Seit 1858 war Bürgermeister Redl mit einer Gattin Therese, geb. Mayr, ver¬ mält, mit welcher er in glücklichster Ehe lebte. Mehrere Kinder, welche aus dieser Ehe entsprossen, starben aber schon in zartem Alter. In den letzteren Jahren hatte er ich vom Geschäfte ganz zurückgezogen. Bürgermeister Redl war ein Anhänger der Deutschen Fortschrittspartei, welche ihn im August 1876 zum ersten Male in den Gemeinde¬ rath wählte, wo er in der Bausection bald als Obmannstellvertreter und dann als Obmann eine sehr ersprießliche Thätigkeit entwickelte. Im Jahre 1891 wurde er zum Vicebürgermeister und 1894, als der damalige Bürgermeister Johann Berger eine Wieder¬ wahl ablehnte, zum Bürgermeister gewählt. Als solcher erfreute er sich einer unbe¬ grenzten Hochschätzung. Die Erfahrung des gereiften Mannes, ein strenges Pflichtgefühl und ein seltenes ruhiges, tactvolles und liebenswürdiges Auftreten, welches in allen Fällen des wechselvollen Lebens immer das Richtige zu treffen wußte, um jeden, der vertrauensvoll an ihn sich wandte, zu be¬ riedigen, machte ihn alsbald sehr beliebt und er wurde — nicht mit Unrecht—der Vater der Armen genannt, für die er allezeit eine offene Hand hatte. Gesegnet wird hiefür auch sein Andenken sein. Seine Gewissen¬ haftigkeit und Opferwilligkeit in der Führung der verantwortungsvollen Amtsgeschäfte als Bürgermeister der Stadt Steyr fand auch allseits verdiente Anerkennung. Aber auch in vielen Vereinen entwickelte Bürgermeister Redl eine sehr ersprießliche Thätigkeit; theils stand er an der Spitze derselben, theils half er bestens deren Zwecke fördern. Seit 1884 war er Mitglied der Direction der Sparcasse in Steyr, das letzte Jahr Vorsitzender derselben, er war Mitgründer und82 langjähriger Präsident des Rennvereines, Vorsitzender des Stadtschulrathes und des Armenrathes Präsident der Pfandleihanstalt, des Zweig¬ vereines Steyr des Landeshilfsvereines vom „Rothen Kreuz“ langjähriger Obmann des Verschönerungsvereines, Obmannstellver¬ des treter Kirchenrestaurirungsvereines der Stadtpfarre, Obmannstellvertreter im Ehrenmit¬ Deutschen Fortschrittsvereine, glied des Bürgercorps, desVeteranen¬ vereines des Gewerbevereines, des Renn¬ vereines und des Landes=Thierschutzvereines, wie noch vieler anderer humanitärer Ver¬ eine, welche in Bürgermeister Redl einen stets hilfsbereiten Förderer fanden. Die an¬ erkennenswertheste humane und keine Opfer cheuende Thätigkeit entwickelte aber Bürger¬ meister Redl in den Tagen der Hochwasser¬ katastrophen der Jahre 1897 und 1899. Sein humanes Wirken fand auch die volle Aner¬ kennung Sr. Majestät des Kaisers, welcher ihn im Regierungsjubiläumsjahre mit dem Ritter¬ kreuz des Franz Josef=Ordens auszeichnete. Der Gemeinderath der Stadt Steyr hatte ihn noch in den letzten Tagen zum Ehren¬ bürger ernannt, welche Ehrung er mit Rührung und Freude entgegennahm. Im Jahre 1901 wurde Bürgermeister Redl zum Reichsrathsabgeordneten des Industrial¬ bezirkes Steyr=Kirchdorf gewählt. —Am 3. August vormittags fand zur Trauer¬ kundgebung eine außerordentliche Sitzung des Gemeinderathes der Stadt Steyr statt, in welcher Herr Vice¬ bürgermeister Lang der Gemeindevertretung officiell das Ableben Bürgermeisters Redl mittheilte und eine ergreifende Ansprache hielt. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Armen am Begräbnißtage des Bürgermeisters Eine mit einem Geldbetrage zu betheilen. — Unmasse von Beileids= und Trauerkund¬ gebungen liefen aus allen Orten ein. Hoch und Nieder, Arm und Reich bezeugte seine innige Theilnahme an dem Ableben desso hochgeschätzten Mannes. An dem Leichen¬ begängnisse nahmen die ganze Bevölkerung, alle Vereine, Behörden und Aemter, und viele auswärtige hochgestellte Persönlich¬ keiten theil. Am 3. August starb in Weyer der N Bäckermeister Carl und Hausbesitzer Schweigl in seinem 65. Lebensjahre plötz¬ lich an Herzschlag. Er war ein hochgeachteter und bestbekannter Geschäftsmann, Mitglied des Marktgemeinde= und des Sparcasse¬ Ausschusses, seit der Gründung des Vereines zur Unterstützung armer Schulkinder Cassier desselben, Jubilar der Freiwilligen Feuer¬ wehr, Ehrenmitglied des Veteranenvereines und Mitglied der Liedertafel. Er wurde mit großen Ehren zu Grabe getragen. In Kirchdorf fand am selben Tage ein Wohlthätigkeitsconcert unter dem Protectorate der Gräfin Salburg und des Grafen Schmidegg zu Gunsten der Ab¬ gebrannten von Hofkirchen statt. Bei dem¬ elben wirkten mit: Graf und Gräfin Doctor Theodor Salburg, Sensenwerksbesitzers¬

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