Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

beschädigt, daß er am nächsten Tage seinen Geist aufgab. Am 25. März verschied in Steyr Caro¬ Eberstaller, welche erst am 2. d. M line 90. Lebensjahr vollendet hatte. Körper¬ ihr wohl geschwächt, bewahrte sie sich doch lich Frische des Geistes bis in die letzten die Tage ihres Lebens. Die Verblichene war die Ziehtochter des Steyrer Arztes Doctor Kruglueger, welcher im Hause des Doctor Schellmann (jetzt Kaufmann Stalzer) am Stadtplatze wohnte. Damals lernte die eben zur Jungfrau erblühte Caroline den Lieder¬ fürsten Franz Schubert während seines Aufenthaltes in Steyr kennen, mit welchem ie oft am Claviere spielte. Schubert wid¬ mete ihr auch eines seiner Lieder „Die Erscheinung“. Als er von Steyr Abschied nahm, küßte er sie auf die Stirne und sagte „auf Wiedersehn“, doch er kam nicht wieder, und am 19. November des Jahres 1828 schloß er zu Wien für immer seine Augen. Mit Begeisterung gedachte Caroline Eber¬ in ihrem hohen Alter dieser staller noch und über ihrem Bette hing schönen Zeit tets Schubert's Bild. Die Stellung ihres ihre Sprach= und Musikkennt¬ Ziehvaters, nisse sowie ihre gesellschaftliche Bildung der Verblichenen in jungen verschafften Jahren wie in späterer Zeit Eingang in die besten Kreise. Sie war seinerzeit häufig Gast im Schlosse zu Steyr und unternahm wieder¬ holt Reisen in's Ausland. Die letzten Jahr¬ zehnte ihres Daseins verbrachte sie in ihrer Vaterstadt in stiller Zurückgezogenheit. Die Freiwillige Feuerwehr in Grün¬ hielt an diesem Tage unter dem Vor¬ burg ihres Obmannes Wilhelm Stadler sitze in Anwesenheit des Gemeinde=Vor¬ und stehers Moriz Ludwig ihre 25. ordentliche Generalversammlung ab. Aus dem Berichte des Schriftführers Theodor Weiß war zu entnehmen, daß die Wehr aus 104 aus¬ übenden, 68 unterstützenden und 6 Ehren¬ mitgliedern bestand, wie auch eine Wasser¬ wehr=Rotte gebildet wurde, welche bei Hoch¬ wassernoth den Rettungsdienst zu versehen hat. Der Cassebericht des Cassiers Johann Nußbaumer war sehr erfreulich. Der rühere Ausschuß wurde wiedergewählt. InSteyr starb am 26. März Doctor Wilhelm Seeber im Alter von 75 Jahren. Der Verblichene war ein gebürtiger Süd¬ tiroler, seit 26 Jahren in Steyr ansäßig, hier in den Advocaturskanzleien der Doctoren Reinhardt, Plattner, Troyer, Hochhauser und zuletzt bei Dr. Angermann als Conci¬ pient beschäftigt und nahm einst in Inns¬ bruck eine selbständige, hochangesehene Stel¬ lung ein. Beim k. k. Kreisgerichte in Steyr wurde er oftmals als Dolmetsch der ita¬ lienischen Sprache verwendet. An diesem Tage erschoß sich der Jäger J. Stanesbichler der 3. Compagnie des 139 k. u. k. Jägerbataillons Nr. 10 in Steyr mit einem Dienstgewehre aus Lebensüberdruß. In Ternberg starb am selben Tage 77 Jahre alte Zimmermann Georg der Hirtzenberger, ein alter Zehnerjäger¬ Veteran, welcher in den Jahren 1848/49 in Italien tapfer mitgekämpft hatte. Derselbe war auch Mitglied des dortigen Veteranen¬ vereines. An seinem Leichenbegängnisse be¬ theiligte sich auch der Commandant des k.u.k. 10. Feldjägerbataillons, Major Sertié, mit mehreren Officieren, welche dem Ver¬ blichenen einen schönen Kranz widmeten und dessen ehemaliger Kriegskamerad, der 80jährige Mathias Peyrl von Reichraming, welcher trotz seines hohen Alters noch den Weg nach Ternberg zu Fuß zurückgelegt hatte. Die 8. ordentliche Generalversammlung der Actiengesellschaft der Elektricitäts¬ werke in Steyr fand am 27. März im Rathhaussaale daselbst unter dem Vorsitze des Präsidenten Dr. Franz Angermann tatt. Aus dem Berichte über das 8. Ge¬ schäftsjahr war zu entnehmen, daß im Rech¬ nungsjahre ein elektrischer Apparat (Rönt¬ gen=Apparat), 2 Elektromotore, 3 Bogen¬ lampen und 133 Glühlampen neu installirt wurden und die Einnahmen für Stromabgabe 47.946 K 50 h, die Gesammteinnahmen 56.525 K 22 h, die Betriebskosten sammt den allgemeinen Unkosten und der Zinsen¬ so daß eistung 55.454 K 75 h betrugen, K ein Reingewinn von nur 1070 47 h erzielt wurde. Nach den Anträgen des Verwaltungsrathes wurden von diesem Reingewinn 10% dem Reservefonde und 20% dem Erneuerungsfonde zugewiesen. Divi¬ dende konnte keine ausgezahlt werden. Der Antrag, von der Werksanlage eine Ab¬ chreibung von 170.000 K vorzunehmen und den gleich hohen Betrag auch vom Actiencapitale derart abzuschreiben, daß der Nominalwerth der Actien von je 200 K auf 100 K reducirt werde, führte zu einer längeren lebhaften Debatte, wurde jedoch schließlich mit 133 gegen 18 Stimmen angenommen. Bei der Wahl von zwei Verwaltungsräthen wurden Josef Land¬ iedl und F. Reitter gewählt; in den Revisionsausschuß wurde Baron Budden¬ brock Franz Buchmayr und Josef Honsak gewählt. Das Erträgniß der Stromabgabe sowohl für Licht als auch für Kraft hatte sich gegenüber dem Vor¬ ahre und den früheren Jahren bedeutend verringert. In Steyr verschied am 29. März der in weiten Kreisen hochgeachtete Dr. Alois Demel, emerit. Advocat, nach längerem schweren Leiden in seinem 62. Lebensjahre. Dessen Leiche wurde auf den Friedhof nach Gleink überführt und in der dortigen Kiderle'schen Familiengruft beigesetzt.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2