Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

128 Dieselbe bildet einen herrlichen Schmuck dieses schönen Wallfahrtskirchleins. Ende des Monats ernannte der ober¬ österreichische Landesausschuß Dr. Carl Hamann zum Gemeindearzte in Than¬ stetten. Die Volksbewegung in Steyr im Jahre 1901 wies aus: In der Stadtpfarre 192 Geburten (97 Knaben, 95 Mädchen), 68 Trauungen (46 durch den Tod gelöst Ehen), 155 Sterbefälle (75 männlich, 80 weiblich, darunter 26 Knaben und 26 Mäd¬ chen unter 5 Jahren); in der Vorstadt¬ pfarre: 271 Geburten (144 Knaben, 127 Mädchen), 57 Trauungen (58 durch den Tod gelöste Ehen), 259 Sterbefälle(131 männlich, 128 weiblich, darunter 46 Knaben und 39 Mädchen unter 5 Jahren). Zu¬ ammen in beiden Stadtpfarren: 463 Ge¬ burten (gegen 576 im Jahre 1900), 125 Trauungen (gegen 160) und 414 Sterbe¬ fälle (gegen 473 im Vorjahre). —Den Ver¬ hältnissen entsprechend also ein bedeutender Rückgang in der Volksbewegung. Die Biererzeugung in Steyr betrug in diesem Jahre 17.060 Hektoliter, die Ein¬ fuhr 22.197 Hektoliter, die Ausfuhr 15.622 Hektoliter, der Consum somit 23.635 Hekto¬ liter (um 7626 Hektoliter weniger als im Vorjahre). Das Nettoerträgniß der Bier¬ verbrauchsumlage stellte sich auf 74.716 K (um 25.684 K weniger, als prälimirt worden war). Das Reinerträgniß der städti¬ schen Mauthen und Gefälle in Stadt Steyr im Jahre 1901, dem zweiten Jahre, seitdem die Stadtgemeinde dieselben in eigener Regie führt, betrug 34.618 K, um 10.422 K mehr als wie in früheren Jahren und um 948 K mehr gegen das Vorjahr Zu Beginn des Jahres 1902 ging die Hörmühle in Waldnenkirchen, in welcher Herr Carl Reder die Sägespänevermahlung eingerichtet, an die „Oberösterreichische Holz¬ mehlfabrik Kullmann & Cie. in Wien“ um den Preis von 280.000 K durch Kau über. Die Firma J. & C. Rederblieb Pächterin des dortigen Sägewerkes In Steyr wurde mit Neujahr eine theilweise Sonntagsruhe in den Apotheken eingeführt, so daß der Reihe nach abwechselnd immer nur eine der Apotheken an Sonntagen Nachmittags offen hält Am 1. Jänner verschied in Steyr der Sparcassecassier i. P. und Hausbesitzer Julius Reschauer in seinem 61. Lebensjahre. Der Verblichene war der Sohn des seinerzeitigen Steyrer Kaufmannes Michael Reschauer Nachdem er als Handlungscommis in ver¬ schiedenen größeren Geschäften gedient hatte, wurde er im Jahre 1871 in die Beamten¬ schaft der Sparcasse in Steyr aufgenommen wo er bis zum Cassier avancirte; 1900 trat er in den Ruhestand. Reschauer war Mit¬ gründer, langjähriger Vorstand und Ehren¬ mitglied der „Gesellschaft der Musikfreunde“ Jubilar der Freiwilligen Feuerwehr und der Alpenvereins=Section in Steyr und seinerzeit auch Mitgründer der Salzburger Freiwilligen Feuerwehr. In Ried bei Kremsmünster wurd mit Neujahr ein neuer Gendarmerieposten mit drei Mann aufgestellt. Zum Posten¬ commandanten wurde der Gendarmerie¬ postenführer Ludwig Kagerer von Klein¬ reifling ernannt. In der Nacht zum 4. Jänner geschah in dem Gemeindegebiete Pettenbach ein großes Unglück. Bei der Schwarzmühlwehre in Mitterndorf waren im Auftrage des Aerars eine Anzahl Arbeiter mit der Wildbach¬ Verbauung im Almflusse beschäftigt. Infolge tarken Regenwetters war ein Steigen des Flusses zu befürchten, weshalb man aus übergroßer Vorsicht den zum Pilotenschlagen benützten, über 100 Kilo schweren Schlägel ausheben und sichern wollte. Acht Arbeiter übernahmen in stockfinsterer Nacht freiwillig diese ganz überflüssige Arbeit, sie hoben aber dabei den Schlägel zu kräftig auf, die so¬ genannte Brücke, auf welcher sie standen kam hiedurch ins Schwanken, und sechs der Arbeiter stürzten in den ziemlich hochgehenden Fluß. Einer konnte sich an den Piloten selbst retten, fünf verschwanden in den Fluthen; an eine Rettung war bei den obwaltenden Umständen gar nicht zu denken. Die Verun¬ glückten waren: der verheiratete Taglöhner Johann Leitinger, der Meßnerssohn Carl Hofinger von Heiligenleithen, der ledige Taglöhner Johann Rammer aus Viecht¬ wang, der verehelichte Hausbesitzer Johann Wagner aus Pettenbach und der ledige Taglöhner N. Parzer aus Garsten. Erst nach drei Tagen gelang es, die letzten zwei Leichen zu bergen. Alle fünf wurden vom Filialkirchlein Heiligenleithen aus unter großer Theilnahme der Bevölkerung beerdigt. Am 4. Jänner Früh wurde der Chef der Sensenfabriksfirma Carl Zeitlinger, Gott¬ fried Zeitlinger, in Micheldorf in seinem Werke „Pfuster“ erschossen aufgefunden. Er hatte sich aus einem Armeerevolver eine Kugel durch die rechte Schläfe gejagt. Der Unglückliche war besonders in letzterer Zeit von einer krankhaften, ungeheuren Reizbarke und er konnte die unglückselige That nur in einem solchen Zustande, der sich bis zur Sinnesverwirrung steigerte, begangen haben. An ihm verlor Micheldorf einen seiner ver¬ dienstvollsten Bürger. Bei allen Einrichtungen, Vereinen 2c., welche dem allgemeinen Wohle dienten, war er hervorragend betheiligt und viele derselben verdanken ihr Entstehen seiner Initiative. Sein Hauptverdienst erwarb er sich wohl um die Wasserleitung, die bis nach Kremsdorf und Heiligenkreuz führt, den Schulen in Micheldorf und Heiligenkreuz war

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