Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

124 cember unerwartet schnell der Besitzer des Prähofergutes, Johann Brandner. Der¬ elbe war durch viele Jahre Gemeindeaus¬ schuß und Armenrath und ein Wohlthäter der dortigen Kirche, indem er seinerzeit aus eigenen Mitteln ein schönes Geläute für die Kirche anschaffte. Der allgemein geschätzte Verblichene hinterließ nebst drei Töchtern eine blinde Gattin, deren Stütze er mit großer Geduld und Liebe gewesen war. Die 35. Anerkennung für seine beson¬ deren Leistungen auf dem Gebiete des Impf¬ wesens erhielt Anfangs December Stadt¬ wundarzt Ignaz Zach in Steyr von der hohen k. k. o.=ö. Statthalterei. Auch die Stadt¬ gemeinde sprach erneuert dem greisen, un¬ ermüdlich thätigen und bestverdienten Arzte den vollen Dank für seine ersprießlichen Dienstleistungen aus. Anfangs December wurde der Pfarrer Josef Neustifter von St. Georgen a. W. auf die Pfarre Maria Laah investirt. Der Pfarrprovisor Hochw. Josef Berg¬ hammer in letzterem Orte kam als Pfarr¬ — provisor nach St. Georgen a. W. Der neue Pfarrherr von Maria Laah, Hochw. Josef Neustifter, welchem am 11. De¬ cember in seinem neuen Pfarrorte von der Bevölkerung ein freundlicher Em¬ pfang bereitet worden war, wurde am 22. durch den Prälaten Msgr. Dürrnber¬ ger von Steyr feierlichst auf dieser Pfarre installirt. Die Feierlichkeit fand unter großer Antheilnahme der Bevölkerung statt. Am 2. December begann beim k. k. Kreis¬ gerichte in Steyr die vierte Schwurge¬ richtsperiode des Jahres 1901. Es wur¬ den hiebei verurtheilt: Der bereits l7mal, darunter 13mal wegen Diebstahls vorbe¬ trafte, 50 Jahre alte, ehemalige Sensenar¬ beiter Johann Polterauer aus Molln wegen Gewohnheitsdiebstahls zu fünf Jahren schweren Kerkers; — der 29 Jahre alte, ledige Bauernknecht Johann Mottl, aus Oberneukirchen gebürtig, wegen Ueber¬ tretung gegen die körperliche Sicherheit zu vier Monaten Arrestes: —der 32jährige, edige Knecht Mathias Geber aus Kap¬ litz, welcher den Taglöhner Josef Lehner in Pfaffing, Gemeinde Gleink, erschlagen und den Sohn seines Dienstgebers Franz Ainwagn körperlich schwer verletzt hatte, zu neun Jahren schweren Kerkers; wegen Sittlichkeitsverbrechen der 30 Jahre alte, ledige Bauernknecht Josef Salcher aus Gaflenz zu acht Monaten schweren Kerkers; — der 22 Jahre alte Knecht Johann Zinganell aus Sierning wegen ver¬ uchten Mordes an dem 58jährigen Unter¬ händler Johann Kainrad in Sierning, zu sieben Jahren schweren Kerkers; der 21jährige Taglöhner Mathias Preck¬ ler, ebenfalls aus Sierning, welcher am 21. October das Rothemayrgut in Krems¬ egg und am 10. November das Lexengut in Autenberg in Brand gesteckt hatte, zu fünfzehn Jahren schweren Kerkers. Der seit 3. December abgängige, im Jahre 1845 zu Sierning geborene, nach Steyr zuständige, verheiratete Faßzieher Se¬ bastian Oberaigner in Steyr wurde erst am 15. April nächsten Jahres in den Auen von Steining am linken Ennsufer als Leiche angeschwemmt aufgefunden. Am 4. December Nachts verschied in Steyr Johanna Mayr, die in weiten Kreisen geschätzte Witwe nach dem vor Jahren ver¬ storbenen Bürstenfabrikanten und Gemein¬ derath Josef Mayr, nach längerem Leiden in ihrem 67. Lebensjahre. Der Männerge¬ angverein „Kränzchen“, welcher fast sämmt¬ liche Mitglieder dieser Familie zu seinen Mitgliedern zählte, sang an ihrem Grabe einen erhebenden Trauerchor. In der Nacht zum 5. December gegen 11 Uhr löste sich von dem Felsengemäuer des Falkensteines, den sogenannten Roth¬ mauern auf der Straße von Weyer nach Großraming, ein beiläufig zwei Kubikmeter großer Steinblock am sogenannten Stubau¬ berg los, welcher zu Thal stürzte und das dem Oswald Kittinger gehörige Haus Nr. 32 in der Ortschaft Anger traf, wel¬ ches von dem Sägearbeiter Matthäus Hopf und seiner Familie bewohnt war. Die ganze Westwand des Häuschens, die halbe Zim¬ merdecke auf dieser Seite und die Südwand der Stube, an welcher die 31jährige Gattin Hopfs mit einem 11monatlichen Knäblein und einem 3jährigen Mädchen ihre Schlaf¬ tellen hatten, wurde von dem Felsblock eingeschlagen und die Mutter mit den bei¬ den Kindern unter Steinen und Schutt be¬ graben. Ein 5jähriges Mädchen, welches in demselben Raume, aber an der anderen Seite schlief, blieb von der Katastrophe ver¬ schont, ebenso der Vater, Matthäus Hopf, welcher mit zwei älteren Kindern die Dach¬ kammer an der anderen Seite des Hauses bewohnte. Gendarmerie, Feuerwehr und viele Nachbarsleute eilten sofort zur Hilfe herbei und räumten den Schutt weg, doch wurden die Mutter und die zwei kleinen Kinder leblos aus dem Trümmerhaufen ge¬ zogen. Die Theilnahme an dem Unglücke der armen Arbeiterfamilie war eine allge¬ meine. Für die Verunglückten wurde eine Sammlung eingeleitet. P. Nikolaus Scharler, langjähriger Superior des Missionshauses in Steyr, feierte am 6. December in der Exdomini¬ kanerkirche seine Secundizmesse. Dem¬ selben kamen zu seinem goldenen Priester¬ jubiläum zahlreiche Glückwünsche zu. Der Oberförster Emanuel Pribyl in Weyer feierte am selben Tage im Kreise seiner Familie, umgeben von seinen Kin¬ dern und Enkeln, seinen 70. Geburtstag.

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