Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

der Bischof, vom Stifte Schlierbach, wo er übernachtet hatte, kommend, durch Kirch¬ dorf, wo er vom Pfarrer Hochw. P. Bern¬ hard Maar begrüßt wurde Am 13. October fand die Generalver¬ sammlung des Kirchenrestaurirungs¬ vereines in Steyr statt. Die Stadtpfarr¬ kirche bekam im vorigen Herbste eine schöne Zierde in den beim Hauptportale und beim westlichen Seiteneingange hergestellten neuen äußeren Thüren mit wahrhaft künstlerischer Ausführung. Die Zeichnungen lieferte der Dombauarchitekt J. Simon in Wien, die Kunstschmiedearbeit im Charakter des fünf¬ zehnten Jahrhunderts ist ein Werk des Schlossermeisters Joh. Gruber in Steyr welcher mit dieser kunstvollen Arbeit einen neuen Beweis seiner ganz bedeutenden Leistungsfähigkeit ablegte. Weiters wurden in derselben Kirche drei stylgerechte Weih¬ wasserbecken aus rothem Lienbacher Marmor aufgestellt. Im Laufe des Vereinsjahres gelang es, dem Vereine 267 neue Mitglieder zuzuführen Der Jäger Franz Friedrich des 10. Feldjäger=Bataillons in Steyr, welcher sich am 13. October aus der Kaserne eigen¬ mächtig entfernt hatte, wurde am 18. De¬ cember in der Ortschaft Winkling im Enns flusse ertrunken aufgefunden. Am selben Tage Vormittags ereignete sich etwas außerhalb der Station Garsten der k. k. Staatseisenbahn ein Eisenbahnunfall indem ein Lastenzug beim Verschieben aus Versehen des Weichenwärters auf das Stutz¬ geleise kam, wobei die Maschine die Puffer¬ wehr durchstieß und sammt dem Tender über die circa sechs Meter hohe Böschung hinab¬ fuhr. Der Maschinenführer und der Heizer erlitten hiebei Verletzungen leichterer Natur. Auch der Gepäckswagen wurde beschädigt Die Hebung der Maschine verursachte große Arbeit Am 14. October fand in der Stadtpfarr¬ kirche in Steyr die Vermälung der Kauf¬ mannstochter Elsa Reitter mit dem Wein¬ händler und Hausbesitzer Alois Graßl und jene der Schwester des letzteren, Marie Graßl, mit Dr. Hans Laimer, Gemeinde¬ arzt in Hartkirchen, als Doppelhochzeit statt Am selben Tage verschied in Grünburg der in den weitesten Kreisen bekannte, ge¬ ehrte und beliebte hochw. Pfarrer Ferdinand Kerschbaum im Alter von 63 Jahren Derselbe war Ehrenbürger von Grünburg und Steinbach und wirkte verdienstvollst in der Pfarre Grünburg durch 28 Jahre. Der Verblichene war schon früher, und zwar vom Jahre 1862 an, in welchem Jahre er zum Priester geweiht worden war, durch 10 Jahre Cooperator in Steinbach gewesen, dann Chorvicar in Linz und kam 1873 als Pfarrer nach Grünburg. Aus einer musikalisch hoch¬ begabten Linzer Familie stammend, war er 115 ein gottbegnadeter Sänger. Er verfügte über eine Baßstimme von seltener Schönheit, Kraft und Tiefe, auch beherrschte er mehrere In¬ strumente und war seit der Gründung der Grünburger Liedertafel eines ihrer hervor ragendsten Mitglieder; eine lange Reihe von Jahren lag die gesangliche Leitung derselben in seinen Händen. Sein Wirken als Mensch und Priester ist unvergeßlich. Sein offenes freundliches und leutseliges Wesen erwarl ihm in allen Kreisen höchste Werthschätzung und Liebe. Die Trauer um ihn war daher eine allgemeine und innige. An seinem Leichenbegängnisse betheiligte sich die ganze Bevölkerung der Umgebung Grünburgs, die Ver¬ Schulkinder mit den Lehrkräften, alle eine, die Gemeindevorstehungen von Grün¬ burg und Steinbach, der Ortsschulrath, die Beamtenschaft 2c. und viele Trauergäste aus der Ferne. 25 Geistliche aus Nah und Fern begleiteten ihren Mitbruder zu Grabe. Die Liedertafel sang beim Pfarrhofe vor der Einsegnung der Leiche des theuren Toten sowie am Chore beim Requiem ergreifende Trauerchöre. „Stumm schläft der Sänger!“ — Ehre seinem Andenken! Zum Pfarrpro¬ visor an des Verstorbenen Stelle wurde vor¬ läufig Cooperator Theodor Gutschik be¬ stellt. In Leimgräben, Gemeinde Allhaming starb am 14. October der Auszügler Mat¬ thias Scheinöcker in seinem 77. Lebens¬ jahre, welcher in früheren Jahren Bürger¬ meister der genannten Gemeinde war und sich allseitiger Beliebtheit erfreute. Mitte October wurde dem Schulleiter Wilhelm Redl in Pettenbach die Ehren medaille für 40jährige treue Dienste verliehen. Eine Familientragödie erschütternder Art hat um diese Zeit die in Ternberg und Umgebung wohlbekannte und beliebte Baron Eiselberg'sche Familie betroffen Der in Groß=Kikinda beim dortigen Husarenregimente Nr. 3 stationirt gewesene Oberleutnant Alfred Freiherr von Eisels¬ berg hat sich am 15. October aus Gram darüber, daß seine Gattin Metta von Eiselsberg, eine geborene Baronin von Rheden, mit welcher er erst seit einem Jahre vermält war, im Wochenbette schwer erkrankte und nach kurzem Leiden starb, er¬ schossen. Baron Alfred von Eiselsberg war Besitzer der ehemals Reinhardt'schen Villa in Bäckengraben Gemeinde Ternberg welchen Besitz er nach dem vor mehreren Jahren erfolgten Tode seines Vaters von seiner Mutter übernahm. Die beiden Leichen wurden nach Ternberg überführt, woselbst die Bestattung in derFamiliengrabstätte unter überaus großer und inniger Theil¬ nahme der Bevölkerung erfolgte. Nach der Auswaggonirung der beiden Särge auf der Station Ternberg hielten Oberbezirksarzt Dr. J. Schuster aus Steyr und der dortige 8*

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