merhaufen, aus welchem der Rauch in großen, dichten Schwaden zum sternen¬ klaren Abendhimmel aufstieg, und das Ganze glich sehr einem riesigen heidnischen Opfer¬ altar, auf welchem dem Neide und der Bosheit soeben ein ausgiebiges Brand¬ opfer war dargebracht worden. Der Abt sah mit kummervoller Seele das chönste Gut des Klosters vernichtet und sagte, mit bitterem Spotte sich zum Pater Prior wendend und auf die Brand¬ stätte hinweisend: „Fürwahr, der Losensteiner ist theuer zu bewirten — das kalte Mittagmahl hat er sich gründlichst aufgewärmt!“ „Gott gesegne ihm die Mahlzeit", murmelte der Prior zwischen den Zähnen mit halberstickter Stimme, „und verzeihe ihm die Sünde, einen Mord begangen und soviel Vieh und Getreide verbrannt zu haben! Das sollte doch bestraft werden, solch' böser Frevel!“ „Besser Unrecht leiden, als Unrecht thun“, gab der Abt kurz zur Antwort und wandte sich zum Weggehen, „Gewalt geht vor Recht, und in Garsten wird's wohl nicht anders sein, als überall auf der Welt!“ Und stumm schritten die Beiden wieder heim in's Kloster. III. Zwei Tage nach dem Brande des Meierhofes traten Vormittags zwei Frauen in die Garstner Klosterkirche, knieten in der vordersten Bank nieder und hörten andächtig die heilige Messe, welche der Abt eben am Hochaltare las. Beide Frauen waren in dunkeln Gewändern, und die vornehmer, reicher Gekleidete, welche in ihrem Auf¬ treten sofort die Edelfrau verrieth, trug um den Hals eine schwere goldene Kette mit edelsteinbesetztem Kreuze von sauberer venezianischer Arbeit und daher von großem Werte. Die links neben ihr Knieende zeigte in Kleidung und Haltung die bessere Dienerin und war es auch, denn sie war die Kam merfrau und begleitete ihre Herrin, die edle Frau von Losenstein, heut Morgens über die Enns herüber nach Garsten. 103 Frau Rosamunde von Losenstein war ohne Wissen ihres Gatten, welcher die Enns aufwärts auf die Pürsche geritten war und wohl vor ein paar Tagen nicht zurückkommen konnte, im Kloster Garsten in gar wichtiger Sache erschienen Sie war über die Handlungsweise ihres Gatten am Maria Geburtstage tief empört und in großer Besorgniß und schämte sich derselben derart, daß sie in echt frauenhafter Weise beschloß, vermit¬ telnd und sühnend einzugreifen und gut zu machen, was eben noch gut zu machen war. Ihr waren Auftritte und Gewalt¬ thätigkeiten Seitens ihres Gemals nichts so ge¬ Neues oder gar Verwunderliches berdeten sich die Adeligen jener Zeit fast alle. Aber sie war eine Edelfrau im besten Sinne des Wortes und linderte die durch die Willkür ihres zornmüthigen Gatten verursachte Noth und das Elend nach Kräften, ohne daß ihr Gatte davon erfuhr, und machte viele Seufzer leiser verhallen und manchen Fluch auf den Lippen Derer verstummen, die den rauhen Losensteiner ob seines wilden Gebahrens zu verwünschen allen Grund hatten, und verwandelte den Haß gegen ihren Gemal durch ihr sanftes Wesen und ihre stets offene, zum Geben bereite Hand in Se¬ genssprüche für sie und ihre menschen¬ freundlichen Werke. Als der Losensteiner in den Meierhof hineinstürmte, war Frau Rosamunde in Begleitung ihres Pagen nach Steyr ge¬ ritten — sie wußte, beiläufig, daß hier ein schlimmes Werk geschehen würde, das sie nicht zu verhindern in der Lagewar, und wollte es wenigstens nicht mitansehen. Wie entsetzt war sie aber, als sie noch am selben Abend erfuhr, was in „Halbgarsten geschehen war, und sie faßte sogleich den Vorsatz, irgendwie zu vergüten und zu lindern, was ihr Gatte in seiner Rohheit und Trunkenheit da wieder Böses gethan hatte. Und nun war sie in Garsten und glaubte ihr Versöhnungswerk nicht besser einleiten zu können, als durch Anhörung einer heiligen Messe, und es schien ihr ein gutes Zeichen zum Gelingen ihres Vorhabens zu sein, daß der Abt, der
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