Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

102 hastenden Fußes dahinschritt, „der Ritter Hartneid von Losenstein kamsammt Ge¬ folge vor etwa einer Stunde zum Meier¬ hof geritten „Also er ist der Brandstifter?“ frug überrascht der Abt. „Er, er und kein anderer“ erzählte der Bauer weiter. „Wir Arbeitsleute saßen eben im Gespräche unter dem großen Eichbaum vor dem Hause, als der Ritter wie der Sturmwind dahersauste, an uns vorüber, in den Hof hinein. Wir eilten zu ihm, nach seinem Begehr zu fragen allein er wetterte und fluchte, schalt uns zusammen und verlangte von uns ein Feuerzeug zu erhalten. Der Meier wollte fragen, zu was er derlei brauche, allein der Ritter schnitt ihm barsch das Wort ab und dröhte, uns niederhauen zu lassen, wenn wir derlei nicht rasch zur Stelle schaffen. „Und?“ frug der Abt ahnungsvoll, „habt Ihr dem Ritter ein Feuerzeug ge¬ geben? „Was sollten wir wohl sonst anders thun?“ meinte achselzuckend der Bauer, „der Ritter und seine Knappen hatten bereits die Schwerter entblößt und schienen eben nicht zum Spaßen aufgelegt zu sein.“ „Glaub's gern, Mann, lächelte der Prior, bitteren Antlitzes auf den sich immer mehr und mehr dunkler röthenden Himmel blickend, „Spaß verstand der Losensteiner heut Nachmittag bei uns im Kloster auch keinen! Doch, erzähl' weiter! „Ist bald erzählt“, sagte der Bauer „bevor wir noch seinen Befehl befol¬ gen konnten, waren schon einige Knappen abgesessen und in's Wohnhaus geeilt,— wir ahnten Unheil und wollten ihnen nach, doch befahl uns der Ritter zu bleiben und uns nicht zu mucksen. Es dauertekeine halb¬ Viertelstunde, da sagte der Meier laut zu uns und bekreuzigte sich: „Um Allerheiligen willen — es brennt! „Und wirklich schlug schon die helle Lohe an allen Ecken und Enden herfür es brannten die Dächer, es brannten die Speicher und züngelnd hüpften die Flammen um die Tristen draußen! Wir ein wollten löschen, der Meier voran Schwerthieb des Losensteiners streckte ihn nieder, wir anderen standen stumm und knirschten vor Wuth insgeheim nach dem Mordbrenner hin, der seiner wüsten, la¬ chenden und spottenden Schaar Befehle gab und sie aneiferte, das gottesläster¬ liche Werk zu vollenden. Endlich, als es lichterloh brannte und an eine Rettung nicht mehr zu denken war, schickte sich das Brandgesindel an, abzuziehen, der Ritter als letzter hintendrein. „Sagt dem Abte', schrie er uns noch mit dem Schwert herumfuchtelnd, zu, „das Feuer sei gemacht, er könne jetzt den Braten bereiten lassen“, und dabei deutete der Unmensch hönisch nach den brennenden Stallungen, in denen das Vieh, das nicht herauskonnte, vor Angst und Schmerz fürchterlich brüllte und wimmerte, „jetzt kommt der Geizhals gewiß nicht mehr in Verlegenheit, wenn er Gäste zu be¬ wirthen haben wird!“ „Und fluchend und lachend ritten der Losensteiner und seine rohe Schaar gegen Steyr. „Und was thatet Ihr nun und was ist's mit dem Meier?“ frug der Abt, bleich von Entrüstung und innerlicher Erregung. „Wir? Wir thaten nichts, hochwür¬ digster Herr Abt“, sagte der Bauer, fast weinerlichen Tones, „für uns gab es nichts mehr zu thun! Und der Meier Gott — gebe ihm die ewige Ruhe!“ „Amen“, zitterte es von den Lippen des Abtes und des Priors und die drei schritten stumm auf dem holperigen Strä߬ lein dahin und waren endlich beim bren¬ nenden Meierhofe angelangt, in dessen Nähe viel Volk aus Steyr und aus Garsten stand und gaffte. Sie grüßten alle ehrer¬ bietig den Prälaten und dieser wollte schon den Leuten seinen Unwillen über deren Unthätigkeit zu erkennen geben, als er sich auch schon mit einem Blick über¬ zeugte, daß diese Leute nichts Besseres thun konnten, als müßig zusehen. Das ge¬ räßige Element hatte so rasch um sich gegriffen, daß an eine Rettung nicht mehr zu denken war, denn der Meierhof war ein großer, flammendurchzüngelter Trüm¬

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