Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1903

Alle Rechte vorbehalten. Das kalte Mittagmahl. Zeitbild aus Stadt Steyr's Vorzeit von Heinrich Rematmüller. Ritter Hartneid von Losenstein. Er war I. ein gar grimmer Recke, der Losensteiner, freilich aber auch gewaltthätig wie nur Im Jahre 1371 stand dort, wo heute einer und auf seinen starken Arm, seine — „Halbgarsten“ ist, ungefähr an der eisengepanzerte, ihm an Rohheit und Hab¬ Stelle, wo das Gasthaus sich befindet, sucht ganz ebenbürtige Knappenschaar und ein großer, ausgedehnter Meierhof, der die starken Mauern der Burg Losenstein dem Kloster Garsten gehörte und dessen unbedingt vertrauend. Seine und des Betrieb ein hübsches Erträgniß lieferte. Klosters Güter grenzten oft und in lang¬ Es war eine Musterwirthschaft, wie man gewundenen Linien aneinander und nicht das heute nennen würde, welche dem land¬ immer waren diese Gutsgrenzen genau wirthschaftlichen Verständniß der Kloster¬ festgestellt worden, daher es zwischen den brüder alle Ehre machte. Die geistlichen Gutsnachbarn manches hübsche Stück Land Herren in Garsten waren daher auch mit gab, auf dessen Besitz beide Theile be¬ Recht stolz auf diesen Besitz und zeigten standen. Der Losensteiner machte dann ihn mit Vorliebe den vornehmen Besuchern dem Streit gewöhnlich ein rasches Ende: ihres Klosters, die ja zumeist selber tüch¬ Mit dem Schwert in der starken Faust tige Landwirthe waren und daher derlei nahm er von dem ihm zusagenden Stück Musterbetrieb wohl zu schätzen wußten. Land Besitz, das Kloster gab dann natür¬ In jener Zeit war das Ritterthum lich nach und um den störigen Nachbar noch im kräftigsten Gedeihen und gar bei guter Laune zu erhalten, wurde dem¬ mancher adelige Herr führte Schwert elben, wenn er Garstner Gebiet betrat, und Lanze nur zu seinem Erwerb und noch überdies in besonderer Weise alle ließ dem Schwächeren das Ringen und Aufmerksamkeit erwiesen, die seinem ritter¬ Mühen um das tägliche Brod und nahm lichen Range zukam. dem Schwachen gern die Sorge für das fertige Brod ab, derart, daß er es ihm Daher herrschte zwischen dem Losen¬ wegnahm, und so fromm der Adelige jener steiner und den Garstner Mönchen immer Zeit sich auch gab, erhalten mußte ihn eine Freundschaft auf Kündigung — der der Priester, Bürger und Bauer in wahr¬ Ritter vergaß aber oft das Kündigen und So haft rührender Gleichgeschätztheit. ließ seinem Unmuth freien Lauf, wann machte denn der Meierhof in „Halb¬ es ihm eben in den Sinn kam. garsten“ dem Kloster nicht nur Freude, So war es auch am Feste Maria sondern auch sehr viele Sorgen, denn Geburt im Jahre 1371 der Fall. Nach der umwohnende Adel sah mit scheelen dem feierlichen Hochamte gab es im Augen das Anwachsen des klösterlichen Speisesaale des Klosters zu Garsten, dem Wohlstandes, und auf diesen Meierhof hohen Festtage entsprechend, eine bessere hatten es gar viele abgesehen, die gar Tafel als sonst und die Mönche saßen gern ernten, aber nicht säen wollten. in anregendem Gespräche über dies und Einer, der gegen das Kloster Garsten das bis gegen die Vesperzeit beisammen, besonders mißgünstig gestimmt war und wo Abt Nikolaus I.!) die Tafel aufhob. es auf dessen Besitz vor allen seinen adeligen Vettern abgesehen hatte, war der War Abt von Garsten vom Jahre 1365—1399. 7

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