nun um Zoll= und Wirthschaftsfragen handelte, ob um Angelegenheiten der Flußregulirung, ob um Detailprobleme des Budgets oder endlich um sein vornehmstes Kampfes= und Arbeits¬ terrain, um die Wahrung der geistigen Güter immer war es zuerst ein Humanitätsstandpunkt, den Sueß einnahm, er war vor Allem Philanthrop. Mit der Jubiläumsfeier des Professors Eduard Sueß fiel der Rücktritt des hervorragenden Gelehrten, der auch die Würde eines Präsidenten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien bekleidete, von seinem Lehramte an der Wiener Universität zusammen und aus diesem Anlasse hat der Kaiser folgendes Handschreiben an den scheidenden Lehrer der Wiener Hochschule erlassen: „Lieber Dr. Sueß! Der Abschluß Ihrer akademischen Lehrthätigkeit gibt mir den will¬ kommenen Anlaß, dankbar der reichen Arbeit zu gedenken, mit der Sie Ihr Leben ausfüllten. Die Wissenschaft zählt Sie zu ihren arößten Zierden, eine Generation aufstrebender Talente gedieh unter Ihrer Führung. Auch als Präsident der Akademie der Wissenschaften haben Sie den schönsten Lohn in Ihrem Wirken selbst gefunden und Ihrer Thätigkeit im öffentlichen Leben insbesondere auf dem Gebiete der Gesundheits¬ pflege, ist ein ehrendes Andenken immerdar ge¬ sichert. Ich bleibe Ihnen allezeit in Gnaden gewogen. Ischl, 24. August 1901. Franz Joseph m. p. In der Berichtsperiode ereigneten sich in Oesterreich eine Reihe kleinerer und größerer Strikes, von denen zwei von verhängnißvollen Folgen begleitet waren, jene in Triest und Lemberg. Der Strike in Triest war dieFolge der Weigerung der Direction des Oesterreichi¬ schen Lloyd, gewissen Forderungen der Heizer, bereits welche dann später, als das Unheil hereingebrochen war, genehmigt wurdenzu ent¬ als die prechen. Am 13. Februar 1902 brach, gegeben Weigerung der Lloyddirection bekannt war, der Massenstrike aus. Sämmtliche Arbeiter des Lloydarsenals und des Stabilimento tecni co Triestino traten in Ausstand und die Ar¬ beiter zahlreicher anderer großer Fabriken und Industrieetablissements schlossen sich ihnen an o daß bald bei 20.000 Arbeiter ihre Thätig¬ keit eingestellt hatten. Anfänglich verlief der Strike in ruhigen Formen, als er aber immer größere Dimensionen annahm und allmälig der Pöbel und sonstige zweideutige Elemente die Oberhand in der Bewegung gewannen, kam es zu Gewaltthätigkeiten gegen das private Eigenthum und zu anderen bedenklichen Aus¬ chreitungen, so daß die bewaffnete Macht zur Unterdrückung der Unruhen aufgeboten werden mußte. Am 44. Februar 1902 kam es, nach einer Arbeiterversammlung in Politeama Rosetti, in den Straßen der Stadt zu einem Zusammen¬ toße zwischen der Menge, der Polizei und dem Militär. Als die Spitze der vom Ver¬ sammlungslocale gegen die Piazza Grande vor 75 drängenden Volksmenge vor letzterer erschien, and sie die Straße durch Soldaten vollständig bgesperrt. Die Strikenden wollten jedoch weiter, das Militär und die Wachleute wiesen sie zurück durch länger als drei Viertelstunden gab es rings um den Platz ein ununterbrochenes Drängen und Stoßen. Dabei ertönte unauf¬ hörlich wüster Lärm; zeitweise nahm das Ge¬ wühl einen sehr bedrohlichen Charakter an, und thatsächlich wurden im Verlaufe der Zusammen¬ stöße zahlreiche Personen leicht verwundet. hier wir folgen — Nun nahm die Menge eine den Schilderungen der Tagesblätter immer aggressivere Haltung gegen das Militär ein; die von dem letzteren vom großen Platze Menge auf den Börsenplatz zurückgedrängte Piazza drang auf Umwegen wieder auf die Grande und fiel der dort postirten Compagnie in den Rücken. Der die Compagnie befehligende Haupt¬ Front! nann commandirte: „Halbcompagnie Massen, gegen die in den Rücken fallenden worauf diese das Militär und die Sicherheits¬ wache mit Steinen bewarfen. Der diese Halb¬ compagnie befehligende Oberlieutenant wurde durch Steinwürfe an der Brust und am Kopse getroffen und stürzte zu Boden. In diesem Augenblicke gab das Militär Feuer. Fast gleich¬ zeitig sah sich das Militär auch an anderer Stelle veranlaßt, auf die Demonstranten Feuer zu geben. Acht Tode und über 25 Verwundete, von welch letzteren sieben nachträglich ihren Wunden erlagen, waren die Opfer dieses ersten zu Zusammenstoßes. Auch am 15. kam es ieuerlichen Zusammenstößen der Menge mit Polizei und Militär, welch letzteres wieder¬ holt Salven gegen die Excedirenden abgab; viele Fenster der Stadt waren mit Trauerzeichen ver¬ sehen und jene Fenster, welche nicht mit Trauer¬ ahnen versehen waren, wurden von den Demon¬ In durch Steinwürfe zertrümmert. tranten einzelnen Straßen wurden die Gascandelaber von dem Pöbel umgeworfen und das ausströ¬ mende Gas angezündet. Das Anwachsen der Unruhen, die bereits den Charakter des Auf¬ ruhres angenommen hatten, und durch welche eine immer größere Gefahr für das öffentliche und veran¬ Privat=Eigenthum herbeigeführt wurde, Nachts aßte das Ministerium am 15. Februar den Ausnahmszustand über Triest zu verhängen. Am 16. beschlossen dann die hiefür competenten für die Behörden von Triest das Standrecht Stadt Triest und ihr Gebiet gegenüber dem Die Verbrechen des Aufruhres zu proclamiren. wie Verkündigung dieses Beschlusses wirkte der mmer ernüchternd auf die Leiden schaften Menge und allmälig trat wieder die Ruhe in der von Aufruhr durchtobt gewesenen Stadt her. Aber erst am 6. April 1902 sah sich die Regierung in die Lage versetzt, die für die Stadt Triest und deren Gebiet getr offenen Aus¬ nahmsverfügungen und damit zugleich das dort¬ selbst verhängte Standrecht wieder aufzuheben
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2