40 gibt, wer steht Dir dafür, daß dieses Weib, dem ich durchaus nichts Gutes zutraue, Dir aus einem Hinterhalt in eigener Person oder von irgend einem Spitzbuben ihrer Horde eine Kugel durch den Kopf jagen läßt?“ Doch lachend erwiderte Fortenbach: „Beruhige Dich, lieber Freund. Noch zwei Officiere stehen vor mir auf dem Commandoregister unseres Regiments, das allerdings an der Reihe ist, die Piquets beziehen zu müssen. Beide sind frisch und gesund, und erst vor einer Stunde sprach ich sie. Ich mußte aber auf den verrückten Antrag der Zigeunerin eingehen. Sie hätte mich sonst für einen Feigling gehalten oder gar gemeint, ich glaube an ihre betrügerische Kunst, die Zukunft der Menschen voraus¬ sagen zu können. Eines wie das Andere war mir gleich zuwider, und nur deshalb ging ich auf den Handel mit der greulichen Hexe ein. „Und ich werde das unheimliche, be¬ trügerische Weib aufs schärfste beobachten lassen!“ sagte der Auditor, drückte dem Freunde die Hand und empfahl sich mit einem herzlichen „Gute Nacht!“ Der Rittmeister las noch seinem ge¬ treuen Kunz über sein unerlaubtes, heim¬ liches Fortgehen gehörig den Text und begab sich dann leichteren Herzens als seit langer Zeit zur Ruhe. Der 21. Juli kam und verlief ohne irgend etwas Besonderes und der Baron, der bei seinem Regiments=Commandanten zum Abendessen eingeladen war, saß heiter in der Officiersgesellschaft und dachte so wenig daran, daß der heutige Nachtdienst an ihn oder an seine Schwadron kommen könne, als an die Cingarella. Die Stunde nahte, wo das Husaren=Piquet ausrücken mußte; Trompetensignale unterblieben, da alle Bewegungen des Commandos in der größten Stille ausgeführt werden mußten Da ward dem Obersten der Regiments¬ arzt gemeldet. Mit den Worten: „Was gibt's denn, bester Doctor?“ ging ihm der Commandeur entgegen. „Rittmeister v. Nadasdy ist plötzlich schwer erkrankt!“ meldete dieser. „An was denn?“ fragte theilnahms¬ voll und bedenklich der Oberst. „Ich fürchte, ein Schlaganfall hat ihn getroffen!“ versetzte der Arzt. „Sie wissen a, der Herr Rittmeister Nadasdy ist ein wohlbeleibter Mann, der oft an Blut¬ andrang nach Kopf und Brust leidet. Ich wollte diese Erkrankung gehorsamst melden, da der Rittmeister heute Nacht den Piquet¬ dienst hat.“ Der Obrist winkte seinem Regiments¬ Adjutanten: „Rittmeister v. Spaner tritt anNadasdy's Stelle. Nun trat der Commandeur zu Baron Fortenbach und sagte: „Sie haben wohl nit angehört, daß Nadasdy einen Schlag¬ anfall erlitten hat, der ihn dienstunfähig macht? Dieser war gerade in ein Gespräch mit nehreren Kameraden vertieft gewesen und hatte nichts von dem Vorgefallenen ver¬ nommen... Der unselige Vertrag mit der Zigeunerin fiel ihm ein und er erbleichte. „Auch Sie nehmen großen Antheil an Nadasdy, wie ich sehe!“ fuhr der Obrist fort. „Er ist ein schneidiger, tüchtiger Husarenofficier und auch als Mensch sehr ehrenwerth. Wenn er sich nur wieder ganz erholt. .. v. Spaner rückt statt seiner aus. Würde dem auch etwas zustoßen müßten Sie, lieber Fortenbach, das Piquet¬ Commando übernehmen, was mir sehr leid wäre, da unser froher Abend gründlich gestört sein würde.“ Der Baron war sehr einsilbig, was man seinem großen Antheil an Nadasdy's Erkrankung zuschrieb, da Niemand irgend etwas von seinem gestrigen abenteuerlichen Handel wußte. Jetzt trat plötzlich der Regiments¬ Adjutant wieder ins große Commandeur¬ Zelt ein mit der Meldung. „Heute ist ein wahrer Unglücksabend. Alles war zum Abmarsch bereit. Ich weile noch bei meinem Freunde Spaner und sehe zu, wie sein Reitknecht ihm sein Lieblingspferd, den prächtigen Rappen, vorführt, den sowohl der Herr Obrist, wie wir Alle als ganz zuverlässiges Reitthier kennen. Der ge¬ berdete sich aber so ungeberdig, wie die
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