38 bach, der dem abscheulichen Weibe gegen¬ über auch den letzten Rest jener ihm un¬ erklärlichen Sorge verloren hatte und lachte herzlich. „Rede doch! Was will denn meine holdselige Freundin Alzide von mir?! „Bleicher Sohn! Du spottest über die alte Zigeunerin Alzide, die einst lieblich war! Jetzt aber ist sie schrecklich, weil sie mehr als die leichtfertigen blassen Ge¬ sichter weiß, die Zukunfts=Räthsel lösen und die Geschicke in den Linien der Hand lesen kann!“ „Ich sehe schon,“ rief der Rittmeister Du möchtest wieder einmal ein Pröbchen Deiner sogenannten Kunst für deutsches ehrliches Gold ablegen?! „Deine Hand will ich gar nicht sehen, entgegnete sie, „weiß ich doch auch so wie bedeutsam der 21. Juli für Dich werden wird! Sohn Deiner Mutter! ver¬ mache der armen, alten Alzide etwas von Deiner Habe, Deinem Nachlaß! Sie be¬ darf dessen sehr, Du aber kaum mehr, und Dein einziger Bruder, der Dich beerben wird, lebt in seinem Schloß am Inn als kinderloser Mann im Reichthum!“ Baron Fortenbach wurde sehr ernst Woher wußte diese Hexe Alles das? Doch er zwang sich, seine heitere Mien zu behaupten, und meinte nur: „Du bist ja recht genau unterrichtet; warum gedenkst Du aber meiner Schwester nicht? „Du hattest eine!“ erwiderte dumpf die Zigeunerin, „doch sie ist schon lang in ihrem Kloster gestorben!“ Allerdings weiß das mein treuer Kunz ganz genau!“ versetzte mit scharfer Betonung der Rittmeister. Deines Reitknechtes Kunz bedars Alzide wahrlich nicht, um mehr zu wissen als Du selber wissen lassen willst. D'rum thue, Alzide bittet Dich, was Dir möglich ist, denn Du kannst mir Gutes thun, ohne Andere zu verkürzen!“ „Doch habe ich gegen Dich, Alzide auch gar keine Verpflichtung!“ „Wohl wahr!“ antwortete die Cin¬ garella, „dafür bist Du ein reicher Cavalier während ich nur ein blutarmes Weib bin Hier liegt der Grund! Willst Du jedoch dem morgigen Gefechte fern bleiben, so zerfällt die ganze Sache!“ „Nie und nimmer!“ fiel der Officier ihr hitzig in die Rede. „Wenn ich Befehl zum Ausrücken erhalte, reite ich! Dock dasgeschieht nicht!“ fügte er ruhiger bei. „Ich sehe im Geiste den Befehl voraus der Dir und Deiner Schwadron ausge¬ ertigt wird!". .. Bei diesen Worten nahm das dunkelgelbe Gesicht des Weibes einen Ausdruck an, als sei ihr die innerliche Anschauung einer noch fernen Sache ge¬ worden. „Jetzt aber laß endlich einmal Deine Possen!“ rief der Baron zornig. .. D'rauf besann er sich und sagte: „Wohl sind die Zustände hier gänzlich unsicher, und die Kugel aus einem türkischen Pistol gib meinem Kopf den Werth eines Ducaten!“ Das Weib blieb stumm, nickte aber bedeutungsvoll mit ihrem abschreckend häßlichen Haupte „Würde ich nun fallen,“ fuhr der Rittmeister im vorigen Tone fort, „so wäre mein Tod Dein Vortheil, wenn ich Dir ein Erbe ausgesetzt hätte; überlebe ich jedoch ein allenfallsig mögliches Schar¬ mützel, was setzest Du dagegen aus?! Nun, dann lieferst Du mir einen Korb Tokajer Ausbruch! Zuvor aber bestimme ich testamentlich, daß Du, wenn ich morgen erschossen würde —!“ Soeben trat der Auditor des Regiments, des Rittmeisters treuester Freund, ins Zelt, der sehr erstaunt war, als er die ihm so wohl bekannte Zigeunerin in eifrigster Verhandlung mit dem Officier fand. So¬ gleich fragte er, was es gebe? Alzide schwieg noch immer. Sie stand ortwährend wie Loth's Weib da und maß nur den militärischen Gerichtsbeamten mit ihren stechenden Blicken. Der Auditor hörte nun lachend die Geschichte, welche ihm sein Freund erzählte. Indessen blickte auch er das Weib durchdringend an, als der Baron Alzidens letzte Mittheilungen sammt dem beabsichtigten Handel ihm mit¬ theilte „Ich glaube, Du wirst mit dem Wein in arge Klemme gerathen!“ sprach endlich
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