36 glücklich Orsova und dessen Umgebung. Die Leute wurden eingestellt und einexercirt und in den mancherlei Beschäftigungen des Berufes im Feldlager dem grausamer Türkenfeind gegenüber unter manchen sich fast täglich wiederholenden Vorposten¬ gefechten und Scharmützeln und unter dem Umgang seiner Waffenbrüder, ver¬ gaß Baron Fortenbach die Geschichte mit der Zigeunerin, doch nicht so, daß sic nicht ab und zu ihn wie ein Gespenst mitten in der frohesten Stimmung über¬ rascht hätte Im ganzen kaiserlichen Heerlager herrschte große Erbitterung gegen die Türken, die nirgends Pardon gaben nie Gefangene machten und Alles nieder¬ hieben, was ihnen in den Weg kam. Noch grausiger ward die Sache dadurch, daß ie Todten und Verwundeten die Köpfe abschnitten, diese dann auf ihre Speer¬ spitzen steckten und jubelnd in ihrem Lager herumtrugen, wo ihr Großvezien der Sage nach jedes Christenhaupt mit einem Kremnitzer Ducaten bezahlen sollte Am übelsten waren die österrei¬ chischen Vorposten und Feldwachen daran; denn jede Nacht fast wurden sie von bedeutender Uebermacht überfallen, bald hier, bald dort, was eben nur geschah, um Christenköpfe zu erhalten, die sofort abgeschnitten wurden, während die Leich¬ name liegen blieben. Dabei verfuhren die Türken so schlau, schlichen sichso leise heran und führten ihre Streiche so blitzschnell aus, daß am frühen Morgen statt der Wachen nur kopflose Rümpfe um das Lager lagen. Das Heer war wüthend und der kaiserliche commandirende General, Prinz von Coburg, ordnete, um derartige Schauerthaten zu verhindern, an, daß zur Sicherung der Vorpostenketten Reiter¬ Piquets aufgestellt wurden, die je hundert bis zweihundert Mann stark waren. Nun kehrten die Osmanen meist mit blutigen Köpfen oder gar nimmer in ihr Feldlager zurück und der einträglich Kopfhandel schien zu Ende zu sein. Aber ie sannen neue Mittel und Wege aus, wider Ducaten zu verdienen. um wenn Seltsam war's nun, daß, hundert auf Piquet standen, gewiß zwei¬ hundert und, zählte die Schaar zwei¬ so hundert, immer vierhundert und stets heimlich und still über diese Wachabthei¬ lungen herfielen, wie die Katzedas Mäuslein beschleicht. Man zerbrach sich den Kopf, rieth hin und her, Jeder forschte, dachte und wachte, aber Alles leitete auch nicht auf die geringste Spur, welche den leisesten Verdacht rechtfertigen konnte. Es mußten, so unglaublich es schien, die Verräther im kaiserlichen Heere selber stecken! . .. Indessen hatte Alzide m Lager ihre Marketenderei mit Ungar¬ wein, Schnaps, Tabak und Lebensmitteln aller Art wieder eröffnet und, da sie bessere Waare und billigere Preise als wie die Anderen führte, war sie bei allen Heerestheilen, wo sie erschien, beliebt und gern gesehen, wozu auch noch ihre Wahrsagerei nicht wenig beitrug. Dazu geberdete sie sich keck und unverschämt, vie es eben im Zigeunerwesen liegt; zwar dem Rittmeister kam sie nicht zu nahe, obgleich er oft wahrnahm, mit welch unheimlichem, düsterem Ausdruck ihre Blicke auf ihm hafteten. Als er sie zum ersten Mal erblickte, wie sie mit ihrem länglich viereckigen Kasten, den sie vor sich am breiten Lederriemen trug, im Lager herumstrich, war ihm wieder der „21. Juli“ ins Gedächtniß zurückgerufen worden. Von dem Gedanken ward er nun fortwährend gequält, so sehr er sich auch bemühte, ihn mit Vernunftgründen von sich zu scheuchen. So gern er aber auch das seltsame Weib über die nähere Be¬ ziehung dieses Tages zu seinem Wohl oder Wehe befragt hätte, wich sie ihm doch überall aus. Weßhalb sie das that konnte er sich wirklich nicht deuten. So kam endlich der 20. Juli 1788 heran und bei dem Gedanken an den Ausspruch der unheimlichen Zigeunerin chlug ihm, obwohl er sich selber wegen eines Aberglaubens schalt, doch manchmal ein kühnes Herz heftiger. Diese unwill¬ *
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