Alles, doch ich ehre Dich und Deine Ver¬ hältnisse. Also, auf morgen!“ Mit diesen Worten verließ er das Zim¬ mer und eilte in die Dunkelheit hinaus, —— die sich auf die Erde gelagert hatte. Margarethe wankte, sich kaum aufrecht haltend, ins Nebenzimmer. Eine Stunde später trat Lindner in seine Wohnung. Er war von der Be¬ gleitung des Barons zurückgekehrt. Finster und unmuthig schritt er einige Zeit auf und ab in dem öden Gemache, dann warf er frisches Holz in das Feuer des Kamins, welches dem Erlöschen nahe war, wodurch sich bald eine angenehme Helle verbreitete. Verstimmter und unmuthiger denn je schien er zu sein. Seine Stirne war be¬ wölkt, das Auge von den herabgezogenen Brauen fast ganz beschattet. Das Haupt auf die Brust sinken lassend, setzte er sich ins Sopha und versank in tiefe Träu¬ Aber — als habe ihm eine merei. — Schlange gestochen, so sprang er von seinem Sitze empor. Die Augen drohten aus ihren Höhlen zu springen; der ganze Körper fieberte; beide Hände schlug er an den Kopf und befaßte diesen, als wollte er sich von seinem Wachen überzeugen. Dabei war der entsetzenerregende Blick fest und unbeweglich auf ein Paar lederne Reithandschuhe geheftet, die auf dem Sopha lagen. Wie ein Tiger seine Beute ergreift, so fuhr seine rechte Hand dar¬ nach hin und streckte sie dann hoch empor, daß alle Muskeln des Armes hörbar knat¬ terten. Die Stirn= und Halsadern drohten jede Minute springen zu wollen, und das laute Stöhnen der bewegten Brust tönte schauerlich durch das Gemach. Die Lippen waren blau und dicht zusammengekniffen alle Mienen des Gesichtes auf eine ent¬ stellte Weise ineinander verzerrt. Das ganze Bild war das eines im höchsten Grade in Wahnsinn Befangenen oder eines Rasenden, der von einem tollen Hunde gebissen worden. „Endlich! endlich Licht!“ rief er dann mit stets überschlagender Stimme, die ihren Dienst verweigerte und, durch die furchtbare Erschütterung eingeengt, schreck¬ 29 liche Töne hervorbrachte. „Licht habe ich in dieser Nacht, die mein Dasein belastete! Hell ist es vor meinen Blicken; der ganze schändliche, verrätherische Betrug liegt vor mir mit all seinen feingesponnenen Ge¬ weben! Ja, beim Teufel! der Plan war sicher und glücklich ersonnen! Nun ist mir Alles klar! Jetzt weiß ich, warum ich, ge¬ rade ich ihn stets begleiten mußte, warum kein Anderer sein Vertrauter sein durfte Ja — beim ewigen Gott! — besser konntest Du nicht wählen! Ich muß Dir die Pferde halten, während Du bei meinem Weibe Stunden der Liebe ver¬ tändelst! — O! —der Plan macht einem Buben Ehre! Bei meiner gekränkten Seele er würde dem Verstande eines Teufels aus der untersten Hölle zur Zierde dienen! Ich habe Dich für einen Schurken ge¬ halten, aber so satanisch, so über alle Ge¬ danken hinaus bübisch konnte ich Dich doch nicht träumen, denn Du bist ein Mensch — wenigstens hielt ich Dich dafür Mich, mich auf eine solche Weise zu betrügen! Nein! das lag außer den Gren¬ zen jeder Denkkraft des Gehirns, das konnte nur in der Hölle ersonnen werden!“ seinen In diesem Augenblick bemerkte er Zim¬ Sohn, der spielend in der Ecke des mers saß. Er ergriff ihn und stellte ihn vor sich auf den Tisch, sein Gesicht Zug nach Zug musternd. Dann fuhr er fort in seiner vorigen erschütternden Redeweise: „Bastard! — Bastard Du! — Ich er¬ kenne Dich! Das sind seine Augen, sein Mund, sein blondes Haar, sein ganzes ist Nein — tiefer, teuflischer Gesicht! — noch nie ein Mann von seinem Weibe be¬ trogen worden. — Deshalb die ewigen Thränen, das stete scheue, unsichere Wesen, das sichtbare Erschrecken, das Bleich¬ werden ihres Antlitzes, das Zittern ihres o ich blinder, be¬ Daher —. Körpers! — trogener Thor, der ich Treue bei einem —Ich wußte, daß sie Weibe vermuthete! mich nicht liebte, und war doch grenzenlos Was bin mit Blindheit geschlagen! — Der Mantel ihrer was war ich also? — Schande, die unwissende Decke einer ver¬ brecherischen, heimlichen Leidenschaft!
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