ordentliche Gewandtheit vermuthen; sein Gang, seine ganze Gehabenheit, seineBe¬ wegungen waren leicht, gerundet und zeigten, daß er viel in der großen Welt gelebt hatte, auch war seine Kleidung feiner, modischer und geschmackvoller und im Vergleich zu der seines Begleiters reich zu nennen. Das Gesicht, blühend und im gegenwärtigen Augenblicke höher als gewöhnlich geröthet, war jugendlich schön, wenngleich nicht regelmäßig. Ein lichtblaues, großes Auge, von dunklen Brauen umzogen, eine fein gebogene Ad¬ lernase und blonde, krause Locken vollen¬ deten den Kopf zum Originale eines Apollo. Die stolze, dabei sichere Haltung verlieh dem Körper etwas Imponirendes, ohne dem gefälligen, anmuthigen, ein¬ nehmenden Wesen seiner Erscheinung im Geringsten Abbruch zu thun. „Sie sind lange geblieben, Baron“ wurde der Angekommene angeredet. „Ich muß Ihnen gestehen, ich begleite Sie un¬ gern auf diesen heimlichen Wegen, deren Zweck ich nicht kenne. Es wäre mir lieb, wenn Sie sich einen anderen Begleiter wählten!“ „Damit mein Vater am anderen Tage davon wüßte, nicht wahr? Nein, das geht nicht, Lindner, Sie müssen nach wie vor in dieser Hinsicht wenigstens mein Ver¬ trauter bleiben; ich kenne ihre Verschwie¬ genheit und baue darauf.“ „Ich weiß Ihr Vertrauen zu achten“ erwiderte dieser kalt, „aber, verzeihen Sie, unmöglich kann diesen heimlichen Aus¬ flüchten etwas Gutes zugrunde liegen, onst würden Sie sie ohne Scheu aus¬ führen und Ihr Vater gewiß davon un¬ terrichtet sein.“ Der Herzugekommene wechselte die Farbe. „Sie wissen ja“, entgegnete er dann mit unsicherer Stimme, während er sich anschickte, sein Pferd zu besteigen Sie wissen ja, daß ich „Ich weiß nichts, will auch nichts wissen“ unterbrach Lindner ihn mit ernstem Tone; „nur möchte ich nicht gerne Mitarbeiter eines Bubenstückes werden! „Bubenstück?!“ Lindner, was erdreisten 23 Sie sich!“ fuhr der Baron auf. „Sie sind undankbar! Durch mein Verwenden haben Sie die Försterei erhalten; mir verdanken Sie, daß Sie so früh schon Ihr icheres Brot haben!“ „Wenn Sie“, unterbrach dieser ihn aufs Neue ruhig, „sich deshalb für mich ver¬ wendeten, damit ich Ihnen mit einer Schurkerei meinen Dank abtrage, so wäre es mir lieber gewesen, Sie hätten es un¬ terlassen!“ „Wie kommen Sie nur dazu, so etwas zu glauben, entgegnete der Baron nach einer Pause, während er verwirrt zu Boden gesehen hatte, „haben Sie je etwas dergleichen von mir gehört?“ „Nein. „Und doch denken Sie an solche Dinge?“ „Wenn ich gleich wenig älter bin als Sie, so kenne ich doch die Welt und ihr Treiben. Leute Ihrer Art glauben, Alles stehe ihnen frei. Sie sind reich, jung und schön, unabhängig, aus einer bedeuten¬ den Familie; Sie besitzen Eigenschaften die Ihnen überall zustatten kommen; dabei sind Ihre Grundsätze aber nicht die haltbarsten und sichersten. — Sie sehen, ich weiß Sie zu beurtheilen; ich will Ihnen unumwunden sagen, was ich glaube: Drüben wohnt der Oberforst¬ meister, der bitterste Feind Ihres Hauses, eine schöne Tochter ist das Ziel Ihrer heimlichen Streifereien. Sie sind ver¬ lobt, folglich betrügen Sie das Mädchen, dann den Vater desselben, den Ihren ebenfalls, ferner Ihre verlobte Braut und am Ende sich selbst.“ Der Baron athmete tief auf, wie Je¬ mand, der von einer großen Angst befreit so wird. „Nun, und wenn es so wäre, ginge die Sache doch nur mich an!“ „Lassen wir das, ich will nicht weiter erörtern. Wir wollen uns beeilen, nach Hause zu kommen. Bei diesen Worten schwangen sich Beide auf die Pferde und ritten im scharfen Trott dem Stammsitze des Barons zu, der ungefähr eine Viertelmeile von dem Land¬ sitze des Barons entfernt war. — Nachdem
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