Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1901

16 nahe, Verena sank, einer Ohnmacht sichk zu in den Schnee. Sie war unfähig, sick regen, oder auch nur einen Laut von au zu geben. Monie wollte sich nochmals sie stürzen, um all ihre Wuth an dem da verhaßten Mädchen auszulassen, schreckten sie polternde Männerstimmer zurück. Vom nahen Dorfwirthshause hei kamen etliche Burschen; die hatten den Vor¬ gang mit angesehen und einer rief lachend „All'n Anschei' nach kriag'n wir heuen an schlecht'n Summa, weil d' Weiber miteinander raufen!“ „Das is ja net g’rauft!“ zürnte ein Anderer. „Das is hinterlisti' überfall'n. He, Du ausg'schämte Reiger, willst Du das Dirndl net steh'n lass'n!“ Monie stürzte wie gejagt in das Haus und nachdem die Burschen ihr genügend nachgeschimpft, näherten sie sich Verena welche krampfhaft in ihre Schürze schluchzte. „Das is ja d' Wolfsmüllnerdirn'!“ riefen sie verwundert. „Ja, Dirndl, wie kann denn Dir so ebb's passir'n? Was hast Du mit Deiner künftinga Hausfrau für Bataille?“ „I han ihr nix 'than,“ schluchzt Verena, sich erhebend und die arg zer¬ zausten blonden Locken aus dem Gesichte streichend. „O Herrgott, die Monie muaß wahnsinni' sei'!“ „Ja, entweder das, oder b’sess'n. Wir soll'n nur eher kemma sei', nachher hätt'n wir ihr d’ Raufg'lüst' g’wiß ausg'trieb'n.“ Verena band das Tuch wieder un den Kopf und wollte sich entfernen, da faßte einer der Burschen, ein sehr hübscher, etwas übermüthig aussehender, ihre Hand und sagte: „Halt, Dirndl, davongeh'n derfst uns jatzt net, weil wir Dir so ausg’holfa hab'n. Wer woaß, wie schlecht's Dir noch g’anga wär' ohne uns. Drum kumm mi uns, iatzt trinken wir extra noch a Mast auf den Schrecka. Wie sie sich auch wehrte und zuletzt sogar noch einmal Thränen vergoß, es half nichts; sie mußte mit den Burschen in das Wirthshaus gehen. Dort herrschte ein gar lustiges Leben Es waren böhmische Musikanten mit Dudelsack und Streichinstrumenten an¬ wesend und zu ihren Weisen drehte sich die erwachsene Dorfjugend im Tanze. Wohl schaute man etwas verwundert an das an solchem Ort noch nie gesehene und roth verweinte Madchen. Aber als man sah, wie die Burschen sich in gan ritterlicher Weise ihrer annahmen und Alles thaten, sie aufzuheitern, kümmerte man sich nicht weiter um die junge Müller¬ dirn. Verena gewann es bald über sich zu lächeln, und den sich ihr Nahenden nach alter Sitte Bescheid zu trinken Doch als sie zum Tanze aufgefordert wurde, erhob sie sich nur, um zu gehen. „I kimm lieber an ander's Mal wenn i von dahoam aus darf,“ versprack sie. „J bitt' Enk,*) laßt's mich heut aus, bin ja im Deanst! Man rieth ihr, den Dienst bei dem stolzen Wolfsmüller und der zukünftigen Müllerin, welche sich heute als solch eine wilde Furie erwiesen, baldmöglichst zu kündigen, dann ließ man sie, wiewohl nur ungern, los. Mit heißpochendem Herzen, mit wirrem Kopfe lief sie fort, der Mühle zu Erst als sie diese im schneeigen Thal¬ grunde erblickte, blieb sie stehen, um sich Die ganze Schrecklichkeit zu besinnen. — der heute erlebten Scene mit Monie sank ihr plötzlich wieder auf das Herz Was Was hatte es nur gegeben? hatte sie verbrochen, daß dieses Mädchen ie also wüthend haßte, ihr sogar drohte sie durch Gendarmen aus der Wolfs¬ mühle führen zu lassen? — Ob ihr etwa auch der Müller in ähnlicher Weise be¬ gegnete, wenn sie vor ihn hintrat? Er hatte sie heute Mittag, als er auf dem Wege nach dem Dorfe mit ihr zusammengetroffen war, kaum angesehen viel weniger gegrüßt. Also haßte und verabscheute er sie ebenfalls, aber Sie fühlte sich warum nur, warum? — in keiner Weise schuldig. Und es schmerzte *) Euch.

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