Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1901

„Wie wär's, wenn Du's amal in an andern Platz versuacha thät'st, Verena? fragte die Frau zagend. „I hab' schon d'ran g'denkt, Muatta Aber so oft i mir an Anlauf nehma und dem Müllner kündinga will, hani 's Herz wieder net dazua und—und das kloa' Dirndl, Muatta, is mir ja so fest eing’wachs'n, daß i moan', i kann nimmer furt von eahm. Mag sein, daß i's doch noch thua — i muaß mich erst recht b'sinna. Pfüat Dich Gott iatzt, Muatta, bis über acht Tag'. 31 5 Sie reichte ihr die Hand und ging rasch von dannen, dem Dorfe zu. Das erste Haus desselben war das des Weiherbauern, ein schönes, zwei¬ stöckiges Gebäude mit einer Altane an der Frontseite und ziemlich hohen Fenstern Den freien Platz vor dem Hause umgab ein niedriger, grünangestrichener Zaun und an ihm lehnte, als Verena sich näherte, eine weibliche Gestalt, deren Größe und Haltung sie lebhaft an Monie erinnerte. Unwillkürlich zuckte siezusammen während ein seltsam banges Gefühl sie 15 beschlich. „Wenn das wirklich Monie ist,“ dachte sie, „warum ist sie hier heroben im Dorfe und nicht an ihrem Platz in der Mühle? Und warum steht sie dann in Schnee und Kälte am Zaune, gerade als ob sie Jemanden — vielleicht mich erwarte?“ Zögernd, zagend schritt sie vorwärts, bis ihr scharfer Blick ihre Vermuthung bestätigte. Ja, es war wirklich Monie, die da stand und jetzt ihr deren Herzschlag zu stocken drohte — die Faust entgegenballte. „Monie, was hast denn?“ stammelte sie. Da lief die Angesprochene plötzlich wie eine Furie auf sie zu, riß ihr das Tuch, welches sie umgethan hatte, vom Kopfe und schlug sie blindwüthend in das Gesicht. „Das — das hast für Dei' Schlech¬ tigkeit, Du ausg'machte Schlange! chrie Dich sie. „Der Teufel soll Dich hol'n und den Müllner! — Und paß' aufDu wennst heut' über acht Tag noch in der Wolfsmühl bist, dann lass'n wir Dich von den Schandarma wegweis'n, Du schlecht's Mensch!“

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