Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1901

Ende des Monats wurde der k. k. Post¬ unterbeamte (Briefträger) des Postamtes in Steyr, Alois Mayrhofer, nach mehr als 40 jähriger pflichtgetreuer Militär= und Tivil=Staatsdienstleistung in den bleibenden Ruhestand versetzt. Pfarrer Johann Baumgartner, bis¬ her in Vorderstoder, wurde Ende des Monats auf die Pfarre Weichstetten investirt, während der dortige Provisor Hochw. Mathias Prinz nach Vorderstoder kam. Letzterer nahm am 13. März von Weich¬ stetten, wo er kurze Zeit gewirkt, Abschied. Am 18. März erfolgte dortselbst die feier¬ liche Installation des neuen Pfarrers. Am 2. März verschied in Steyr der in weiten Kreisen bekannte und1beliebte pensionirte Referent der öst.=ung. Bank, Nikolaus Peterson, der Vater desKauf¬ mannes Paul Peterson in Steyr, in einem 80. Lebensjahre. Derselbe war in Wien geboren, lernte das Barbiergeschäft, wurde dann Schauspieler, diente später in der Finanz= wache (darunter in Kremsmünster und Hall), bethätigte sich auch als Schriftsteller und Journalist, und wurde schließlich 1852 Be¬ amter der österr.=ung. Bank. Seit 1887 lebte er im Ruhestand in Steyr. Der neugegründete erste Volks¬ belustigungs= und Humanitätsver¬ ein in Steyr hielt am 4. März seine constituirende Versammlung ab. In der ersten Schwurgerichtsperiode des Jahres 1900 beim k. k. Kreisgerichte in Steyr am 5. März wurden verurtheilt: Der 56 Jahre alte, aus Bad Hall gebürtige und dahin zuständige, ledige Taglöhner Franz Ecker, welcher seit seinem 18. Lebens¬ jahre die meiste Zeit im Zucht= oder Arbeits¬ hause verbracht hat, zum viertenmale wegen Gewohnheitsdiebstahls zu sechs Jahren schweren, verschärften Kerkers; der 31 Jahre alte, in Linz geborene und zuständige Bauern¬ knecht Reinhold Lenzlbauer wegen Schän¬ dung zu zehn Monaten schweren, verschärften — Kerkers erners die 21 Jahre alte, aus Wien gebürtige Amalia Staudinger wegen Diebstahls zu einem Jahre schweren, ver¬ chärften Kerkers (die Frage auf Gewohn¬ heitsdiebstahl war von den Geschworenen verneint worden). Vom 5. März an wurde laut Verordnung des k. k. Landesschulrathes an den Volks¬ und Bürgerschulen Steyr's der Donnerstag als Wochen=Ferialtag aufgehoben, und dafür die beiden Nachmittage am Mittwoch und Samstag bestimmt. In Dornach, Gemeinde Gleink, brach am 6. März auf dem Futterboden des der Witwe Biller gehörigen Hauses ein Feuer aus, welches Dank dem raschen Eingreifen der Feuerwehr von Stein und dem Zu¬ sammenwirken der Hausbewohner und 149 Nachbarn so bald gedämpft werden konnte, daß der Wohntract verschont blieb Am 9. März starb in Steyr der k. k. Steueramtsadjunet Edmund Wansner in seinem 25. Lebensjahre. Er war ein Sohn des ehemaligen, gleichfalls schon verstorbenen tädtischen Polizei=Commissärs Johann Wansner in Steyr. Am 12. März begannen die Er¬ gänzungswahlen für den Gemeinde¬ rath der Stadt Steyr mit der Wahl aus dem dritten Wahlkörper. Gewählt wurden deutschfortschrittlichen die Candidaten: Waffenfabriks=Materialverwalter Gustav Heyek (neu) mit 304 Stimmen und der bisherige Gemeinderath Leopold Köstler mit 396 Stimmen; Buchhändler, Buchdruckerei¬ Besitzer und Redacteur des „Alpenboten Arthur Fleischanderl (deutschnational) welcher sozusagen in letzter Stunde als Gegencandidat Heyeks aufgestellt worden war, erhielt 140 Stimmen, die Socialisten Mösl und Hartl 46, resp. 36 Stimmen Die Conservativen betheiligten sich nicht an der Wahl. Von 748 Wahlberechtigten waren 491 an der Wahlurne erschienen. Am zweiten Wahltage den 14. März wurde der bisherige Bürgermeister Johann Redl mit 326 von 327 abgegebenen Stimmen gewählt; der zweite Wahlkörperzählte 544Wahl¬ berechtigte. Vom ersten Wahlkörper wurden am 16. März die deutschfortschrittlichen Candidaten, und zwar der bisherige Vice¬ bürgermeister Victor Stigler mit 321 die bisherigen Gemeinderäthe Jos. Huber mit 318, Dr. August Redtenbacher mit 316 und Carl Heindl mit 313, sowie Buchdruckerei = Besitzer Gottlieb Bruck¬ chweiger (neu) mit 306 Stimmengewählt Es waren von 700 Wahlberechtigten 336 giltige Stimmzetteln abgegebenworden An den beiden letzten Wahltagen gab es keinen Gegencandidaten. Eine Versamm¬ — lung der Privatbeamtenschaft Steyr's hatte beschlossen, die Candidatur Fleischanderl's im dritten Wahlkörper zu unterstützen, und im ersten Wahlkörper den bürgerlichen Bäckermeister Georg Lintl zur Wahl zu empfehlen, wenn letzterer geneigt wäre, die Candidatur anzunehmen. Derselbe lehnte jedoch mit Dank für das Vertrauen ab. Bei der am 8. April (Palmsonntag) statt¬ gehabten constituirenden Sitzung des Ge¬ meinderathes wurde der bisherige Bürger¬ meister Johann Redl einstimmig zum Bürgermeister wiedergewählt. Gemeinderath Victor Stigler, welcher seit sechs Jahren die Ehrenstelle eines Vicebürgermeisters inne gehabt hatte, lehnte eine Wiederwahl ab weshalb der Bürstenfabrikant und Haus¬ besitzer Franz Lang zum Vicebürgermeister gewählt wurde. — Die feierliche Beeidigung des verehrten Bürgermeisters erfolgte am 22. Mai.

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