Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1901

Ende September wurde der Director der k. k. Fachschule und Versuchsanstalt für Eisen= und Stahlindustrie in Steyr, Gustav Ritzinger, zum Genossenschafts=Instructor Genossenschaften in für die gewerblichen den politischen Bezirken Steyr (Stadt und Land) und Kirchdorf ernannt. Das Stadttheater in Steyr wurde für die Saison 1899/1900 am 30. September mit dem Schwanke „Im Fegefeuer“ zum zweiten Male unter der Direction Franz Zich eröffnet. Bei einer am 30. September im Weißen¬ bachgraben veranstalteten Gemsjagd im herzoglich=württemberg'schen Reviere stürzte der 45jährige, ledige Bauerssohn vom Prentnergute in Hinterstoder, Peter Hackl, welcher als Treiber betheiligt war, aus eigenem Verschulden über die sogenannte Haselleiten bei 60 Klafter tief ab und war sofort todt. Mit 1. October wurde der bisherige Geschäftsleiter der Wiener Firma „Gebrüder Böhler und Co.“ Conrad Petzak, zum commerziellen Director der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft in Steyr bestellt. Dem Dechant und Pfarrer von Weyer, Hochwürden Franz Falkner wurde am October das Ehrenbürgerdiplom der 1. Landgemeinde Weyer überreicht. Am 2. October starb in Steyr der Besitzer des Hotels „Schiff“ Josef Feigl, nach längerem Leiden in seinem 48. Lebens¬ ahre. Am selben Tage vollzog Stadtpfarrer Johann E. Strobl in Steyr die Trauung des k. k. Amtsdieners i. P. Josef Kriwa, welch letzterer in Folge eines langjährigen Leidens schwer krank darniederlag, in dessen Wohnung mit der verwitweten Wirth¬ schäfterin Amalie Tögel. Doch schon am 10. October erlag er seinem Leiden im Alter von 66 Jahren. Am 3. October kam der k. k. Statt¬ halter Freiherr v. Puthon nach Steyr zur Besichtigung der Hochwasserschäden und wurde von der Stadtgemeinde=Vorstehung — Am 7. October am Bahnhofe empfangen. tattete aus dem gleichen Anlasse Herr Landeshauptmann Dr. Ebenhoch der Stadt Steyr einen Besuch ab. Beide Herren be¬ ichtigten eingehend die bedeutendsten Hoch¬ wasserverheerungen und bekundeten eine wohlwollende Beurtheilung der Verhält¬ nisse. — Auch Landesausschuß Ignaz Huber, der Referent über die Gemeindeangelegen¬ heiten des politischen Bezirkes Steyr (Stadt und Land), war am 11. October zu dem gleichen Zwecke in Steyr anwesend. Des Kaisers Namenstag, der 4. October, wurde in Steyr in herkömmlicher patrio¬ tischer Weise mit Beflaggung der Stadt und festlichem Gottesdienste gefeiert. Des¬ 133 gleichen in den anderen Orten des Be¬ zirkes. Der Gendarmerie=Corporal Wenzel Cermak vom Neuhofener Posten hat sich am 5. October im Gasthause des Johann Wiesmayr in Allhaming mit seinem Dienstgewehre erschossen. Cermak war 27 Jahre alt, ein ruhiger, braver Mensch, und bei seinen Vorgesetzten sowie bei der Be¬ völkerung beliebt. Einige Wochen vorher hatte er mit einem renitenten Bauernburschen ein Rencontre, wobei er von seiner Waffe vollkommen gerechtfertigten Gebrauch machen nußte. Bald darauf verfiel er, wahrschein¬ lich aus unbegründeter Furcht vor der Verantwortung dieses Waffengebrauches, in Trübsinn, was seinen Geist derart zerrüttete daß er die unselige That beging. Cermak war im Jahre 1897 als Probegendarm zum Bezirkspostencommando Steyr gekommen und befand sich erst einige Wochen in Neuhofen. In Weyer starb am 6. October nach lebensgefährlichen 2 einer überstandenen Operation der dortige Altbürgermeister und Gasthausbesitzer Peter Merkinger in seinem 67. Lebensjahre. Sein Leichen¬ begängniß gestaltete sich zu einer imposanten Trauerfeier für den Verblichenen, an der ämmtliche Honoratioren und Corporationen Weyers theilnahmen. Im Jahre 1888 war Merkinger zum erstenmale zum Bürgermeister gewählt worden und blieb es bis zur Trennung der Landgemeinde vom Markte, die sich am 1. Jänner 1897 vollzog. Er war somit der letzte Bürgermeister der alten Großgemeinde und hat sich in vielen Ehren¬ Stellen unvergängliche Verdienste erworben. Er war ein rechtschaffener Charakter, ein leißiger Geschäftsmann und ein allseits be¬ liebter Mitbürger, dessen Andenken immer geehrt bleiben wird. Am 7. October hatte der Besitzer der Fideicommißherrschaft Steyr, Se. Excellenz Graf Emerich Franz Lamberg, im Reviere Bodinggraben, in welchem er gerade mit mehreren Herren dem Jagdvergnügen ob¬ lag, das Malheur, über einen Stein zu traucheln und so unglücklich zu fallen, daß er sich eine schwere Contusion in der linken Rippengegend zuzog. Se. Excellenz wurde zunächst in sein Jagdschloß Bodinggraben übertragen, von wo er dann mittels Equipage nach dem Schlosse Steyr gebracht wurde Nach mehrwöchentlichem Krankenlager war der hohe Patient wieder hergestellt. Am 8. October konnte beim Kirchen¬ bau in Kleinraming das Gleichenfest begangen werden; es war ein Freudenfest des ganzen Ramingthales. Bei Tausend froh¬ bewegter Menschen nahmen daran Theil. Die Kirche war geschmackvoll decorirt und in einem Lichtermeere glänzte am provi¬ sorisch errichteten Altare ein schönes Marien¬

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2