106 Er that aber doch ein Uebriges und schickte den Thomas in Begleitung zweier Stadtwächter, die den Lastträger, der von jetzt ab Untersuchungshäftling war, gut bewachen sollten, an die Steyr hinaus nach Meister Caspar zu suchen, was jetzt in der finsteren Nacht allerdings eine ziemlich mißliche Sache war Der Stadtrichter war kaum in seiner Wohnung angelangt, als Frau Thekla die sich in Begleitung der Crescenz eben¬ alls nach der Stadt begeben hatte, um sich bei ihrem Vetter, dem Stadtrichter, Rath und Hilfe zu erbitten, bei ihm eintrat und unter Weinen und Wehklagen ihre Erlebnisse mit den zwei Schwägern erzählte. „Das hast Du jetzt von Deiner evamäßigen Neugierde“, brummte der Stadtrichter der im Zimmer schwerfällig ab und auf stelzte, weil ihn im rechten Bein die Gicht plagte, „das ist eine nette Suppe, liebe Thekla! Wenn's der Herr Irenfried erfahrt, giebt's ein Heiden¬ vetter! „Ach, was“, sagte Frau Thekla trotzig, „das ist mir einerlei, ich hab ja nichts Böses gethan! Aber ich möcht Dich bitten doch gleich nach meinem Mann sehen zu lassen „Ist schon geschehen“, meinte der Stadtrichter und kraute sich die Glatze recht würdevoll, weil er über amtliche Pflichten nachsann, „wo sagtest Du, hat der Thomas Deine landstreichenden, sauf¬ lustigen Schwäger zur Nachtruhe hin¬ gethan? Frau Thekla erklärte ihm die Oertlichkeiten wie der Thomas sie ge¬ schildert „Na, dann geh’ jetzt fein ruhig nach Hause und wart', bis Du von mir Weisung des Weiteren erhältst“, sagte der Stadt¬ richter, „ich hab' viel Bedauern mit Dir und Deinem Mann, ob Du den aber wieder lebend siehst ist allerdings so eine ganz eigene Sach! Gott steh' Dir bei!“ Die Klingenschmiedin kehrte angst erfüllt heim und fand diesmal keine Nachtruhe, wie leicht begreiflich ist, der Stadtrichter aber sandte Leute an die zwei Orte hin, wo der Melchior und der Balthasar ihre Räusche ausschlafen sollten und die fanden denn auch Beidefest schlafend auf. Nachdem die zwei Bucklien nicht zu ermuntern waren, trug man ie auf die Wachstube in's Rathhaus, da sollten sie bleiben, bis sie nüchternvor dem Stadtrichter erscheinen konnten Am Wege nach der Stadt hatten die Scharwachleute ihren großen Spaß mit den zwei Buckligen, die nicht zu ermuntern waren, selbst ein paarmaliges Unter¬ tauchen in die Steyr schadete ihrem gesunden Schlafe durchaus nicht und so wurden der Melchior und der Balthasar „pudelnaß“ auf die harten Bretter in der Wachstube mehr hingeworfen als hingelegt Die Zwei waren noch nicht lange Gäste der Stadtwache, als zwei Fischer einen ebenfalls nassen und bewußt¬ losen Mann in die Wachstube schleppten und dem Rottenführer der Scharwache meldeten, daß sie diesen Buckligen —es war Meister Caspar — in die Steyr hätten springen oder fallen hören, als sie eben nahebei fischten. Es sei ihnen gelungen, ihn gleich zu finden und zu retten, doch war er so weg, daß ihre Bemühungen, ihn zum Bewußtsein zu bringen, ohne Erfolg blieben und sie sich erst jetzt, da sie sich mit ihm nicht mehr Rath wüßten, entschlossen hätten, den Mann da herein zu schaffen. „Hagel, alle Welt“, sagte der Rotten¬ führer, die drei sich so ähnlich sehenden Buckligen fast scheu betrachtend, „das ist mir ein ganz sonderbarer Abend heute und ich weiß beinah nicht, ob ich recht seh’ und hör'! Uebrigens geht nur nach Hause, Leute, und laßt den Höckermann da —soll bei den zwei Anderen da heut Nacht ruhen, erwacht er morgen, gut, wo nicht, auch gut, sind dann ja ohnehin zwei seiner hübschen Art noch vorhanden!“ „Sollen wir die Sache nicht dem Stadtrichter vermelden?“ fragte einer der Fischer etwas ängstlich „Scheert Euch zum Teufel“, schrie sie der Rottenführer an, „der erfahrt Euren gesegneten Fischfang auch morgen
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