Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1901

man dich findet, denn hinter das Haus kommen selten Leute. Ja, Schnecken! Traun, Frau, das ist der Teufel selber oder doch sein Verwandter! Wie ich dann das Sträßlein entlang hieher lauf' seh' ich vor mir einen Mann mit einer Leuchte eiligst gehen, hol' ihn ein und fast ver¬ meint' ich in die Erde vor Staunen und auch vor Schreck zu sinken, als ich näher zuseh' — mein Bucklicher war es, der wieder hieher wollte!“ „Ich rüttelte mich aber wieder rasch zusammen und packte den Bösling fest am Kragen und schrie ihn an: „Hoho, Du kleine Kröte jetzt foppst Du mich nimmer und wenn du Dir zehn Leuchten anzündest, um den Weg besser zu sehen! Warte, Dir will ich es vergällen, ein ehrlich Menschenkind zu narren! „Ich hab' Euch nichts gethan“, sagte der Frechling, „laßt mich los! „Fällt mir nicht ein“ ruf' ich, „ein viertesmal geh’ ich nimmer um Dich!“ heb' in meinem furchtbaren Zorn, der mich ob solcher Schelmerei überkommen, den Wurm in die Höhe; der zappelt, schimpft, heißt mich, mich, den ehrlichen Thomas, der noch nie Jemand auch nur um den Wert eines einzigen Haares ge¬ schädigt, einen Wegelagerer und Raub¬ gesellen! Das schlug dem Faß den Boden aus! Ich kann nicht anders, solch' Ge¬ zücht' muß unschädlich gemacht werden, denk' ich bei mir, gib ihm einen kleinen Schwung mit meinen Armen — platsch! schlägt er sammt der Leuchte in die Steyr! Jetzt seid Ihr den ecklichen Ge¬ — sellen los, Frau, ich bitt' um meinen Lohn! Die Klingschmiedin hatte immer auf¬ merksamer den Worten des Thomas ge¬ lauscht, war immer erregter geworden und immer durchdringender bohrten sich ihre Blicke in die des Thomas. Als der nun seine Erzählung geendet hatte und seinen Lohn heischte, stürzte die Klingen¬ schmiedin wie eine Rasende auf ihn los, packte ihn am Arme und denselben hef¬ tig schüttelnd, schrie sie fast außer sich vor Erregung: „Der Teufel soll Dir diese That 105 lohnen, nicht ich! Fort, mir aus den Augen, Mörder! Mörder, Du! Der Thomas sah sie mit Blicken an, als fürchte er für ihren Verstand, die Klingenschmiedin aber stieß ihn zum Zim¬ hinaus und rief nur immer: mer „Hinaus mit Dir, elender Mordgeselle, sonst erwürg' ich Dich! „Aber, Frau“, wagte es der Thomas schon an der Thür, noch einzuwenden, — „ich verstehe nicht „Natürlich nicht“, rief die Klingen¬ schmiedin zetternd, „Lohn verlangst Du auch noch, Du, der Du — meinen Mann ersäuft hast!“ „Ei, seht doch“ brauste jetzt auch der Thomas auf, „das heiß' ich fein sein, erst Arbeit geben und anstatt zu zahlen dafür, sagen, ich hätt' den Klingenschmied ersäuft! Frau, das soll Euch theuer zu tehen kommen, den Spaß versteh' ich nicht, ich eil' von der Stell' hier zum Stadtrichter und meld' Alles an! Geh' meinetwegen in die Hölle!" rief die erboste Klingenschmiedin dem orteilenden Thomas nach und schlug hinter ihm die Thüre zu. Jetzt brach der Sturm in ihrem Innern sich durch Thrä¬ nen Bahn nach außen und schluchzend und händeringend irrte Frau Thekla in der Stube herum und konnte nur immer und immer wieder aufstöhnen: — „Mein Mann, mein armer Mann ich hab' Dich gemordet — ich bin an Allem Schuld — wehe mir ob meiner Neugierde!“ IV. Der „breite“ Thomas war zum Stadt¬ richter im buchstäblichen Sinne des Wortes hingerannt, hatte ihn mit vieler Mühe aus dem „Elephanten“ herausgelockt und erzählte ihm, am des weit vorgeschritte¬ nen Abends wegen ziemlich stillen Stadt¬ platz stehend, sein Abenteuer. Der Stadt¬ richter war ganz entsetzt darüber, doch glaubte er dem Thomas nicht, denn die Klingenschmiedin war seine Base, von der er solch verhängnißvoll endende Neu¬ gierde und Ungehorsam gegen ihren Mann nicht erwartete.

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