Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1901

104 bei — er soll die Schelme da aus dem Hause tragen, ohne daß man's merkt, in der Abenddämmerung; auf ein gutes Geschenk soll's mir nicht ankommen, wenn der Mann weiß gar fein den Mund zu halten.“ „Oh, das schon, Frau“, erklärte die Crescenz, welcher die Aussicht nach einer Beisteuer zu ihrem ohnehin kleinen Braut¬ chatz sehr willkommen war, „ich geh schon Es dunkelte schon sehr stark als der „breite Thomas“, wie der Lastträger und Versprochene der Crescenz in der Stadt allgemein hieß, endlich kam. Spute Dich“, sagte Frau Thekla 7 auf den einen Buckligen zeigend, der schnarchend am Fußboden der Hinterstube lag, „schaffe den undankbaren Bettler weg und hol' Dir hernach das Geld, so ich Dir für Deine Mühe geben will!“ „Oh, der ist gleich draußen“ lächelte der Riese, hob den Buckligen auf die Schulter und trabte durch ein Seiten¬ pförtchen mit seiner sonderbaren Last aus dem Hause. Es dauerte nur ein ganz kleines Weilchen, so war der „breite" Thomas wieder da. Frau Thekla empfing ihn sehr unwirsch. „Was bist Du mir für ein sonder¬ barer Kauz“, sagte sie streng und zog die dichten Augenbrauen drohend hoch, hab' ich Dich nicht gedungen, den be¬ trunkenen Bettler aus dem Hause zu chaffen?“ „Ja doch, Frau“, erwiderte der Thomas, die Klingenschmiedin überrascht ansehend, „das that ich doch soeben der liegt wohlaufgehoben im Gras, nicht weit von dem Ausfallthürlein, dort an der Ringmauer auf der „buckligen Wiese vor morgen Früh findet ihn wohl niemand! Ei, seht doch, wie Du lügen kannst“ höhnte Frau Thekla, „hingetragen magst Du ihn wohl haben, aber der kleine Mißwachs hat flinkere Beine als Du und ist schon wieder im Haus, schnarcht auch — chon wieder da, sieh selbst zu!“ Und Frau Thekla öffnete die Stuben¬ thüre. Da lag der zweite Bucklige am Fußboden wie todt. „Wetter und Hagel“, rief der Tho¬ mas und glotzte den am Boden Liegenden wie ein Gespenst an, „daß Dich der Böse hol'! Wie kam der nur wieder her? „Was weiß ich“ zuckte die Klingen¬ chmiedin kühl die Schultern, „möcht's auch gern wissen, dazu ist aber jetzt nicht Zeit, es zu ergründen! Trage ihn nur wieder fort und sorge daß er nicht wieder eher sich hier einfind't als Du!“ „Das will ich ihm austreiben“, grollte der Thomas, „der find't heut' nimmer her“, packte den zweiten Buckligen und chleppte ihn fort. „Uff“, machte es die Crescenz er¬ leichtert und Frau Thekla sagte halblaut mit stillem Seufzer und großem Behagen: „Dem Himmel sei Dank! Die Frauen brachten rasch die hintere Stube wieder in Ordnung, denn Meister Caspar konnte jeden Augenblick heim¬ kehren — droben, im Aichet, wurde mit der auf einem Holzgerüst am Sträßlein ober der Steyr angebrachten Glocke so¬ eben zu Abend geläutet. Da kam der Thomas auch schon wieder angekeucht. „Alles besorgt, Frau“, rief er fast athemlos und trocknete sich die heiße Stirne, „war das eine Plag, der hätt' uns noch lang genarrt, Frau, das ist ein gar boshafter Wurm! Aber ich er¬ tappt' ihn auf seinen Schlichen, der foppt uns nimmer!“ „Was heißt das?“ fragte die Klin¬ genschmiedin erstaunt, „wurde er wach unterwegs?“ „Nicht doch“ erzählte ganz stolz der Thomas, „seht, ich legte ihn in die leere Tonne, so rückwärts beim Nagelschmied¬ haus, halben Weges zum Ausfallpförtchen teht, um Regenwasser aufzufangen. War leer, die Tonne, und ich deckte sie zu, als der Bucklige drinnsaß und hob einen schweren Stein drauf. „So, sagte ich zu mir, „den hebst du mir nimmer ab, Bruder, und wirst morgen Früh fest schreien müssen, dass

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