Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1901

fragen, ob ich nicht etwa Verwandte mit¬ bring' in's Haus, was Dir nit grad sehr gelegen sein konnt' und so hab ich Dir auch gar nichts gesagt davon, daß ich zwei Brüder hab, Klingenschmiede wie — ich und bucklig wie ich, schier zum verwechseln mit mir denn wir sind als Drillinge zur Welt gekommen, im Vater¬ haus, da draußen in Köln am Rhein gleich liebevoll behandelt worden und — gleich an Gestalt aufgewachsen aber doch nicht gleich geworden, denn ich bin all mein Lebtag fleißig und arbeitsam gewesen, die zwei aber waren gar bald Gesellen, die tagaus, tagein im Jahr nur zum Mummenschanz geschaffen zu sein vermeinten und wohl es auch so trieben! Der Meister schöpfte tief Athem labte sich wieder und fuhr fort: „Nach meines Vaters Tod führten wir drei eine Weil' die Meisterei mit gut Glück fort. Du, Du glaubst 's ja wohl, wenn ich Dir sag: ich führte die Mei¬ sterei ich ganz allein, denn ich hab’ ge¬ schaffen und gespart und die anderen haben meinen Erwerb verthan, so gründ¬ lich verthan, bis der Vogt uns Haus und Hof verkaufte und wir unsere Ränz¬ lein mußten schnüren und auf die Wanderschaft sind. Gott sei's geklagt Dann war dasselbe Lied, ich hab' gear beitet und die zwei haben meinen Lohn vertrunken und verspielt, bis ich mich hab’ ermannt und ihnen den Herrn hab zeigen wollen. Sanct Caspar, da kam ich schön an, denn nach einem großen Streit haben mich meine sauberen Herren Brüder gut durchgebläut und sind be Nacht und Nebel mit dem, was ich noch hatt', davon. Ich hab' mich mit ehrlicher Arbeit nach Stadt Steyr durchgeschlagen, hieher, wo die hohe Schul' ist für mein Handwerk, und Sanct Caspar hat in seiner Fürbitt' nit ermangelt für mich armen Schelm! Sieh, ich bin doch was Rechtes noch geworden, nit? Und der Meister streckte seinem Weibe herzlich die schwielige Rechte entgegen welche diese gerührt ergriff und drückte 101 „Freilich wohl, mein braver Mann bist worden und ein angesehener Meister! „Ja, und glücklich war ich“, seufzte Meister Caspar, „aber der Teufel schleicht herum in dieser Welt und legt dem Christenmenschen Fallen und Schlingen Sieh, er hat auch meine zwei Brüder hieher geführt! „Was, die sind da in Stadt Steyr? rief die Klingenschmiedin hoch erstaunt. „Wie ist denn das möglich? und was wollen die nun von Dir? „Geld und abermals Geld, liebe Frau, was wollen denn faule Menschen sonst von ihren fleißigen, sparsamen Ver¬ wandten?“ erwiderte Meister Caspar ärgerlich.„Kamen vor kaum einer Stunde da herein, just wie der Sturm¬ wind, waren zärtlich, bettelten und drohten dann, als ich die Hand am Sacke hielt! „Wie frech und unverschämt“, meinte die Klingenschmiedin entrüstet. „Du hast ihnen doch die Thür gewiesen? „Ei, ja doch, liebe Frau, und das recht deutlich, und endlich sind sie zornig und mir mit Rache drohend fort — das wollt' ich Dir nun rathen, lass’ die Herren Brüder mein und Schwäger Dein nur ja nicht über unseres Hauses Schwelle bin ich jetzt fort, giebt sonst noch ein Unglück! „Was Dir nicht einfällt“, sagte die Klingenschmiedin und erhob sich, da ihr Gatte sich zum Gehen anschickte, und steckte ihm, der erst spät am Abend heimzukehren gedachte, Rauchfleisch und Brod, das sie gar vorsorglich eingepackt hatte, in die Taschen des Arbeitskittels den er über den Kleidern trug, „das bin ich doch Dir schuldig, daß ich diese Land¬ streicher, so dieselben in deiner Abwesen¬ heit hier betteln wollten, geziemend von dannen weise. Oh, wie schlecht das wollen Brüder geheißen sein! Und unter Ausrufen lebhaftester Ent¬ rüstung über das Benehmen von ihres Mannes Brüder begleitete sie den Gatten bis vor die Hausthür, wo sie sich von ihm verabschiedete und dann in die Stube zurückkehrte.

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