100 sie an der Thüre stehen, als sie das etwas sonderbare Gehaben ihres Mannes ge¬ wahrte, der ihren Eintritt gar nicht bemerkt hatte. Als Meister Caspar aber fortfuhr zum Fenster hinauszusehen, stellte Frau Thekla das Frühstück auf den schweren, eichenbohlenen Tisch und fragte verwundert: „Aber, Caspar, was treibst Du denn? Gehst ja herum wie ein Bär im Käfig, wie ein Brummbär, der Du auch sonst wohl bist! Spar’ nur Deine zärtlichen Namen, Frau, erwiderte Meister Caspar, sich ast erschreckt seinem Weibe zuwendend und mit der Hand sich über die Augen treichend, wie wenn er etwas Unan¬ genehmes aus seiner Erinnerung ver¬ scheuchen wollte, „bin just nicht aufgelegt zum Lachen.“ „Aber, was ist denn los?“ erkun¬ digte sich Frau Thekla besorgt, „ich werde doch wissen dürfen, was Dich so 2¼ aus dem Häuschen gebracht hat — nit¬ „Ja, ja, Frau, hast recht, Du mußt es ja auch wissen,“ meinte Meister Caspar mit leisem Seufzer, „hätt' Dir es freilich chon vor drei Jahren sagen sollen, wie wir in den heiligen Ehestand getreten sind. „Ja, um Himmelswillen, was denn? fragte Frau Thekla ganz bestürzt über den Ernst und die Schwermuth, die in dem Tone lagen, in welchem ihr Mann sprach, „was hättest Du mir denn vor der Heirat sagen sollen? Was werd' ich erfahren müssen — oh, ich geplagtes Geschöpf! Sanct Thekla, sei mit mir.“ Und Frau Thekla machte Miene chon unglücklich sich fühlen zu wollen, ehe sie Ursache hiezu hatte, wie das eben ist bei Frauen, die gar stramm das Regi¬ ment im Hause führen, denn durch solch vorzeitig geäußerte Empfindlichkeit wird ein ohnehin nicht allzustark an seinen Willen im Haus gewohnter Eheherr ge¬ meiniglich schon mürbe, ehe er es nöthig hat. Diesmal kümmerte sich Meister Caspar aber gar nicht um den erwachenden Schmerz seiner Ehehälfte, sondern sagte fest: So klag' doch nicht gleich von vorn¬ herein! Daß ihr Weiber doch gar so schnell über¬ Euch unglücklich fühlen könnt', bevor und haupt ein Grund vorhanden ist“ eine als Frau Thekla bei diesen Worten Handbewegung machte, die wohl sagen ollte: „Na, wir kennen das schon“ fuhr der Klingenschmied ohne dies zu be¬ achten fort: „Ich hab' Dir keinen Mord einzu¬ gesteh'n, auch drückt mein Gewissen kein begangener Diebstahl und keine Untreue. „Was denn sonst?“ unterbrach ihn seine Frau schnippisch und schenkte aus dem Krüglein den Wein in den Trink¬ becher. „Zwei Brüder“, sagte der Klin¬ genschmied recht trocken und leerte auf einen Zug den Becher, den er etwas scharf auf den Tisch zurückstellte. „Waa—as?“ fragte die Klingen¬ chmiedin fast sprachlos vor Erstaunen und ließ sich auf einen Stuhl nieder, „was ist denn das für ein unziemlich Gerede „Ist weder unziemlich noch ungereimt erwiderte Meister Caspar und stellte sich mit verschränkten Armen vor seine Frau hin, „ist so, wie ich Dir soeben sagte, zwei Brüder hab’ ich Dir einzu¬ gestehen! Wie Du mir vor drei Jahren — 's war just zwei Jährlein nach dem Tod von Deinem ersten Ehe¬ — gesagt herrn, Gott hab' ihn selig! hast: Caspar, Ihr seid ein braver Mann und ein fleißiger, geschickter Klingenschmied, wie ihn mein Haus wohl braucht, hab' ich mit Freuden eingewilligt, Dein Ehe¬ mann zu werden, und ich hab's nicht bereut bis heut' „Ei, warum sagst Du mir denn das? fragte Frau Thekla etwas geziert lachend denn im Inneren freute sie doch das Lob ihres Mannes, „soll ich Dir vielleicht dawider sagen, dass auch Du ein braver Ehemann warst — bisher?“ „Gewiß nit, bewahre“, wehrte Meister Caspar mit schwachem Lächeln ab, „hab' Dich nur mit meiner Red' erinnern wollen daran, daß Du mich dereinst zum Eheherrn genommen hast, ohne mich zu
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