„Wollt es ja so gehalten haben, edler Herr“ versicherte der Kleine lebhaft, „hat mich eben die Nacht überrascht, wird auch nicht mehr vorkommen. „Schon gut, Meister Caspar“ beendete der Pfleger den Redestrom des kleinen Männchens, „ich will hoffen, daß der Zeugwart Euch für Morgen hinaufbestellt hat in's Schloß, — wollen unsere Rüst¬ kammer zusammen sichten, werdet der Arbeit gar viel erhalten, denn unsere Waffen leiden stark in dieser kriegerischen Zeit! Auf Wiedersehen also, Morgen nach der Frühmesse, Meister, und gehabt Euch wohl am Heimweg! „Gott mit Euch, Herr Pfleger!“ gab das Männlein zurück und drückte sich in die Nacht hinein, während der Pfleger sein Hüfthorn an den Mund brachte und damit dem Thorwart blies. II. Ziemlich weit draußen in der jetzigen Vorstadt Steyrdorf, ungefähr in einer Linie mit dem heutigen „Bruderhause“ stand drunten am schnell dahinrollenden Steyrfluß im Jahre 1273 ein ziemlich fest gebautes und weitläufiges Gebäude, das ein Kupferhammerwerk, eine Schleife, und die Werkstätten eines Klingenschmiedes umfaßte. Daß die verschiedenen Gewerbe so etwas seltsam zusammengewürfelt unter einem Dache vereint waren, kam daher, daß seit fast sechzig Jahren sich die Besitzer durch „Zuheirat“ ergänzten und jeder neue Herr auf dem Hause sein eigenes Gewerbe nebst dem ursprünglich daselbst betriebenen Kupferhammer ausübte. Der letzte Besitzer, Namens Martin hatte das Klingenschmiedgewerbe mit au das Haus gebracht, als er die Thekla, die hübsche, aber als etwas „resch bekannte Tochter seines Vorgängers ge¬ heiratet hatte, und er betrieb dieses Handwerk als Hauptbeschäftigung bis zu seinem im Jahre 1268 erfolgten sehr frühem Tode Frau Thekla, die ebenso wohlhabend als eine stattliche Frau war, hatte es begreiflicher Weise an Bewerbern um ihre Hand nicht gefehlt, sie war aber ebenso 99 kühl überlegend als klug, und zog es vor, anstatt sich ihr Geld von einem Faulenzer durchbringen zu lassen, ihre Hand dem Altgesellen zu reichen, der wohl sehr geschickt und sehr fleißig in seinem Ge¬ werbe als Klingenschmied, zweifellos aber kein schöner Mann war, denn, klein von Gestalt, mit zwar gutmühigen aber durch¬ aus nicht einmal hübschen Gesichtszügen besaß er noch einen stattlichen Höcker der ihn geradezu häßlich erscheinen ließ Frau Thekla hatte, als sie Caspar, so hieß der bucklige Altgeselle, zu ihrem Mann sich erkor zweifellos nur mit dessen Kunstfertigkeit als Klingenschmied einem Fleiß und seiner Nüchternheit sowie auf etwas schüchternes Gehaben gerechnet und hatte keine schlechte Wahl getroffen, denn Meister Caspar rechtfertigte vollauf Frau Thekla's Erwartungen, brachte das Geschäft zu hoher Blüte und mehrte so den Wohlstand des Haus¬ wesens, und da er auch als Ehemann wenig eigenen Willen und daher recht lenksam sich zeigte, war Frau Thekla mit ihrem zweiten Manne recht zufrieden und ihre Ehe galt als mustergiltig in der Stadt. Am Morgen nach dem nächtlichen Abenteuer, das Meister Kaspar mit dem Pfleger hatte, ging er in großer Auf¬ regung in der Stube neben der Haus¬ thüre, wo seine Frau und er sich tagsüber wenn sie nicht gerade anderweitig beschäftigt waren, aufzuhalten pflegten, die — Hande am Rücken gekreuzt, auf und nieder hastig Worte hervorstoßend und hie und da durch das Fenster hinaussehend, durch das man mit einem Blicke ein gut Stück den Steyrfluß abwärts ein Sträßlein verfolgen konnte, bis es sich den erster geschlossen beisammenstehenden Häusern des heutigen Steyrdorf zuwandte und sich zwischen denselben verlor So traf ihn Frau Thekla, die mit einem großen Holzteller, worauf sich ein Krüglein mit Wein und etwas Rauch¬ fleisch nebst Brod befand, in das Zimmer trat, um ihren Gatten vor dessen Weg¬ gehen in's Schloß mit einem kräftigen Morgenimbiß zu stärken. Erstaunt blieb 7*
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