worden war und die Sanction erlangt hatte wurden Deputirtenkammer und Senat aufgelöst und Neuwahlen ausgeschrieben. Die am 27. Mai 1900 vollzogenen allgemeinen Neuwahlen, von deren Ergebniß man in antielericalen Kreisen den Sturz der langjährigen clericalen Herrschaft erwartete, ergaben wider Erwarten eine, wenn auch kleine Kammermajorität für die Regierung Es wurden in die aus 152 Mitgliedern be¬ stehende Deputirtenkammer 86 Katholiken, 33 christliche Demokraten, Liberale und Radicale owie 33 Socialisten gewählt. Die Senatswahlen ergaben für diese Körperschaft eine relativ größere Majorität zu Gunsten der Regierung, als die ür die Deputirtenkammer erzielte. Am 26. Juni starb Jules Bara, der be¬ deutendste liberale Parteiführer und Parlamen¬ tarier Belgiens. Er war durch viele Jahre Justizminister im liberalen Ministerium Frere¬ Orban und galt als schärfster Gegner des Clericalismus. Türkei und Balkanstaaten. Am 5. April 1900 starb in Constantinovel Ghazi Osman (Nuri) Pascha, der „Löwe von Plewna“, der sich im russisch=türkischer Kriege 1877 durch seine heldenmüthige Ver¬ theidigung Plewnas gegen die vereinigte russisch¬ rumänische Uebermacht die ungetheilte Bewun¬ derung der ganzen Welt errang. Er war im Jahre 1837 in Amasia (Kleinasien) geboren. Am 20. September 1899 wurde das Mäan¬ derthal im Vilajet Aidin (bei Smyrna, Klein¬ asien) von einem furchtbaren Erdbeben heim¬ gesucht; die Städte und Dörfer des Erdbeben¬ gebietes wurden fast alle dem Erdboden gleich¬ gemacht. Es sind hiebei 12.932 Häuser eingestürzt 783 Personen wurden getödtet und 657 verletzt Infolge des am 6. Juli 1899 in Belgrad auf König Milan von Serbien verübten Atten¬ tates wurde am 10. Juli über Belgrad und den Belgraderkreis der Belagerungszustand ver¬ hängt und für das Verbrechen des Hochverrathes des Aufruhrs, des Mordes und des Mordver¬ uches das Standgericht eingeführt. Am 25. Sep¬ tember 1899 fällte das Standgericht im Attentats¬ und Hochverrathsproceß gegen die wegen des Mordversuches auf König Milan Angeklagten das Urtheil. Der unmittelbare Attentäter Knezevics und Ranko Taisics —letzterer in contu¬ — maciam wurden zum Tode durch Erschießen verurtheilt, die übrigen Angeklagten aber theils zu Kerkerstrafen, theils zu Gefängnißstrafer darunter die ehemaligen Ministerpräsidenter Pasics und Tauschanovics, letzterer wegen Majestätsbeleidigung) verurtheilt, theils frei¬ gesprochen. Die Hinrichtung Knezevic’s fand noch am selben Tage statt. Pasics wurde vom König sofort begnadigt. Am 4. September verschied in Belgrad der ehemalige serbische Regent Jovan Ristics. Er 87 war am 27. October 1831 in Kragujevac ge¬ boren. 1867 wurde er zum ersten Male Minister des Aeußern. Nach der Ermordung des Fürsten Michael war er 1868 bis 1872, während der Minderjährigkeit Milan's, einer der drei Re¬ genten. Nach der Abdankung König Milan's wurde Ristics, der unterdessen wiederholt das Ministerium des Aeußern verwaltet hatte, aber¬ mals Mitglied der Regentschaft, bis König Alexander (1893) sich für großjährig erklärte. Der Verstorbene war ein Anhänger der russo¬ philen Politik. Nach der anfangs October 1899 erfolgten Demission des bulgarischen Ministeriums Grekow wurde am 13. October das Mini¬ sterium Iwantschow=Radoslawow mit der Leitung der Staatsgeschäfte betraut. Am 27. Juli 1899 fand in Cetinje die Vermählung des Erbprinzen Danilo von Montenegro mit der neunzehnjährigen Herzogin Jutta Alexandra von Mecklenburg=Strelitz statt, nachdem die Braut einige Tage vorher in der montenegrinischen Hafenstadt Antivari gelandet dort zur griechisch=orthodoxen Kirche über¬ getreten war und den Taufnamen Militza an¬ genommen hatte. Afrika. Von allen Ereignissen, welche sich in der außerhalb Europas abspielten, Berichtsperiode so sehr das allgemeinste und hat wohl keines antheilsvollste Interesse aller Völker Europas für sich in Anspruch genommen als der Burenkrieg. Mehrten sich gegen Ende Juni 1899 die Anzeichen, daß im Wege gegenseitiger Nach¬ giebigkeit der Conflict zwischen England und so Transvaal gütlich beigelegt werden dürfte, zeigte es sich im folgenden Monate, daß die dies¬ allsigen Hoffnungen leider unbegründete waren. Die Art und Weise, wie England die eine güt¬ liche Auseinandersetzung bezweckenden Vorschläge und Maßnahmen Transvaals aufnahm, indem es gleichzeitig seine militärischen Vorkehrungen gegen die Burenrepublik fortsetzte, ließen es zweifellos erscheinen, daß England nur die Ver¬ chleppung der Angelegenheit bis zur Vollen¬ dung seiner Rüstungen bezwecke und noch wäh¬ rend der Tagung der am 29. Juli 1899 ziemlick resultatlos geschlossenen Haager Friedenscon¬ erenz war es klar geworden, daß der Krieg zwischen Transvaal und England wohl ein un¬ vermeidlicher geworden sei. Am 22. September beschloß der Rath des Oranje=Freistaates ein¬ Transvaal gegen einen britischen An¬ timmig, riff zu unterstützen. Ende September begann bereits der Vormarsch der Buren gegen die Anfangs October richtete Transvaal Grenze. an England ein Ultimatum, worin es u. A. das Verlangen stellte, daß die englischen Truppen
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