76 Einführung der Februarverfassung wurde er von der Stadt Lemberg in den galizischen Landtag und von diesem in den Reichsrath entsendet. Nach¬ dem er dann durch längere Zeit kein Mandat in den Reichsrath angenommen, wurde er 1879 wieder in's Abgeordnetenhaus gewählt, in welchem er zuerst die Stelle eines ersten Vice¬ präsidenten und dann vom 14. März 1884 an die Würde eines Präsidenten bekleidete, auf welche er am 17. März 1893 resignirte, um den Rest seiner Tage in Ruhe und Zurückgezogenheit vom öffentlichen Leben zu verbringen. Wohl wurde er nach seinem Rücktritte zum Mitgliede des Herren¬ hauses ernannt, doch hat er an den Sitzungen desselben nie theilgenommen.— Am 24. December 1899 verschied zu Prag Dr. Ludwig Schlesinger, nach Schmeykal's Tod der erprobte Führer der Deutschen in Böhmen und Obmann des Clubs er deutschen Landtagsabgeordneten dortselbst. Am 13. October 1838 zu Oberleuteusdorf in Böhmen geboren, war er ein ausgezeichneter Schulmann und Historiker; in seiner letzteren Eigenschaft hat Schlesinger gegenüber der einseitigen tschechischen Auffassung der Geschichte Böhmens den Antheil der Deutschen an der politischen und culturellen Entwicklung des Landes erforscht und dargestellt. Der Erfüllung dieser Auf¬ gabe galten insbesondere die „Geschichte Böhmens“ zahlreiche Monographien und die Schrift über die Nationalitätenverhältnisse Böhmens. „In selbstloser Hingebung hat Schlesinger sein Leben dem Wohle seines Volkes gewidmet, welches in ihm seinen besten Sohn betrauert undin dessen Geschichte sein Name unvergänglich ortleben wird,“ so lautete der Nachruf, welchender Club der deutschen Landtagsabgeordneten Böhmens seinem verstorbenen Obmanne widmete. —— Am 31. December 1899 starb in Baden bei Wien Karl Millöcker, welcher mit Johann Strauß und Franz v. Suppé das Triumvirat der eigentlichen Schöpfer der Wiener Operette bildete. Als sein Meisterwerk auf diesem Gebiete ist die Operette „Der Bettelstudent" zu bezeichnen. Seinen ersten großen Operettenerfolg erzielte Millöcker mit der Operette „Das verwunschene Schloß“. Von seinen übrigen Operetten—er schrieb deren 20 — wollen wir hier noch „Die Jungfrau von Belleville", „Gasparone“, „Die sieben Schwaben“ „Der arme Jonathan“ und als sein letztes Werk „Das Nordlicht“ nennen. Der Verstorbene war am 29. April 1842 zu Wien geboren.— Am 11. Jänner 1900 verschied in Wien der am 14. December 1824 in Purkersdorf geborene k. k. Oberlandesgerichtsrath i. P. Franz Edler v. Gernerth, der Componist einer Reihe trefflicher Männerchöre. —Am 3. Februar 1900 verschied in Wien Fürst Camillo Starhemberg. Am 31. Juli 1835 in Cilli geboren, wurde er 1896 durch den Stadtbezirk Wels und später durch den verfassungstreuen Großgrundbesitz von Oberösterreich in den Landtag, von letzterem dann auch in das Abgeordnetenhaus gewählt, voselbst er bis zum Jahre 1872 sein Mandat ausübte und mit der liberalenPartei stimmte. Im Herrenhause, in welches er nach dem Tode seines Vaters 1872 als erblichesMitglied eintrat schloß er sich der Verfassungspartei an. — Am 9. Februar 1900 verschied in Wien Katharina Herzog, die älteste Wiener Schauspielerin, eine der besten Künstlerinnen des Wiener Theaters, von welchem die im Jahre 1826 zu Wien geborene Künstlerin am 7. März 1894 in ihrer Glanzrolle als altes Weib im „Verschwender“ unter warmen Am Ovationen des Publicums Abschied nahm. — 13. März 1900 verstarb zu Wien der treffliche Landschaftsmaler Gottfried Seelos; er war am 9. Jänner 1829 in Bozen geboren. Am 12. März 1900 starb in Wien der am 28. Juni 1843 ebendort geborene Bildhauer Professor Alois Fanz Xaver Düll, welcher durch Jahre als upplirender Professor und selbständiger Leiter an der allgemeinen Bildhauerschule der Wiener —Am 23. März 1900 ver¬ Akademie fungirte. chied in Budapest plötzlich Nicolaus Dumba, eine der markantesten Persönlichkeiten der Wiener Gesellschaft. Er war ein warmer und opferfreudiger Förderer aller künstlerischen Bestrebungen, wenn auch nicht immer glücklich in seinen diesfälligen Maßnahmen, wie die Geschichte des Mozart¬ Monumentes beweist. Als Politiker — er gehörte durch längere Zeit dem niederösterreichischen Land¬ tage und dem Abgeordnetenhause an und wurde 1885 ins Herrenhaus berufen — war er ein über¬ zeugter Freund des Fortschrittes. Einer griechischen Familie entstammend, wurde er 1830 in Döbling bei — Wien geboren. Am 27. März 1900 starb der Minister a. D. Baron Dr. Florian Ziemial¬ kowski. Am 13. October 4817 in Berezowica im Tarnopoler Kreise als Sohn eines Koches geboren, spielte er in den nationalen Verschwö¬ rungen vom Ende der Dreißiger= bis zum Anfange der Sechzigerjahre eine hervorragende Rolle; als Conspirator zum Tode verurtheilt, wurde er be¬ gnadigt; nicht weniger als acht Jahre verbrachte er in Gesängnissen und Verbannung, um schließlich halb gegen den Willen seiner Landsleute zum Minister für Galizien ernannt, jene Politik des olenclubs zu inauguriren, durch welche diese Partei zu ihrer bekannten Machtstellung gelangt ist. Als er im October 1888 aus dem Ministerium chied, hatte er durch fünfzehn und einhalb Jahre — Am 9. April 1900 starb demselben angehört. in Wilten bei Innsbruck im 77. Lebensjahre Professor Friedrich Maaßen; er war ein gefeierter Kirchenrechtslehrer, als Politiker aber gehörte er zu den Häuptern der ultramontanen Bewegung in Oesterreich; seine Wiege stand in Mecklenburg. Am 21. April 1900 verstarb in Wien Wilhelm Jahn, der ehemalige Director der Wiener Hof¬ oper, deren Leitung er nach der Entlassung Franz Jauner's im Jahre 1880 mit 1. Jänner 1881 übernahm. Jahn hat der Wiener Hofoper eine Periode neuer künstlerischer und administrativer Blüthe gebracht. Eine absteigende Tendenz machte
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