70 dem Berichte des Preßausschusses unverändert in zweiter und dritter Lesung angenommen wurde. Nachdem es dem Minister Graf Clary gelungen war, einige im Herrenhause der raschen Erledigung dieses Gesetzentwurfes erwachsene Schwierigkeiten zu beseitigen, wurde derselbe auch von diesem Hause am 21. December 1899 angenommen, so daß bei der rasch erfolgten Sanction (die Publication des sanctionirten Ge¬ setzes erfolgte am 31. December 1899) die Auf¬ hebung des Zeitungs= und Kalenderstempels mit 1. Jänner 1900 zur Wirklichkeit werden konnte. Die energische Action zu Gunsten des hier in Rede stehenden Gesetzes bildete sozu¬ agen den Schwanengesang des Ministeriums Clary, denn nachdem bereits am 5. December die Verständigungsconferenz resultatlos aus¬ einandergegangen war nachdem es klar war daß nach der ganzen Haltung der von den ob¬ truirenden Tschechen beherrschten Majorität eine parlamentarische Erledigung der noch ausstehen¬ den Ausgleichstheile und sonstigen sogenannten Staatsnothwendigkeiten bis 1. Jänner 1900 nicht möglich sein würde, Graf Clary esaber mit seinen constitutionellen Anschauungen nicht vereinbarlich hielt, dieselben mit dem § 14 in Kraft zu setzen, so legte das Ministerium Clary, als dessen patriotischeste That wir die Aufhebung der ominösen Sprachenverordnungen zu betrachten haben, seine Mission in die Hände des Monarchen zurück. An seine Stelle trat das Ministerium Wittek, welchem nunmehr, nachdem am 20. De¬ cember das Abgeordnetenhaus und am 21. De¬ cember das Herrenhaus, ohne daß eine weitere Sitzung anberaumt worden wäre, auseinander¬ gegangen waren, als einzige Aufgabe jene oblag die sogenannten Staatsnothwendigkeiten und darunter auch die restlichen Ausgleichstheile au Grund des schmiegsamen § 14 zu erledigen. Die kaiserlichen Handschreiben, womit die Demission des Ministeriums Clary angenommen wurde und die Berufung des Ministeriums Wittek erfolgte, sind vom 21. December 1899 datirt; dem letzteren gehörten als Mitglieder an: Dr. Ritter v. Wittek als Eisenbahnminister und provisorischer Vorsitzender des Minister¬ rathes, Graf Welsersheimb als Landesver¬ theidigungsminister, Dr. Ritter v. Chlendowski als Minister ohne Portefeuille (für Galizien) Dr. Baron Blumfeld als Leiter des Ackerbau¬ ministeriums, Sectionschef Stummer als Leiter des Ministerium des Innern, Baron v. Jor¬ asch=Koch als Leiter des Finanzministeriums, Dr. Stibral als Leiter des Handelsmini¬ steriums, Dr. Ritter v. Schrott als Leiter des Justizministeriums und Ritter v. Bernd als Leiter des Ministeriums für Cultus und Unter¬ eicht. Schon der Umstand, daß die Mehr¬ zahl der Mitglieder des neuen Beamtenmini¬ steriums nur als Leiter des betreffenden Ressorts berufen wurden, deutete den provisorischen Cha rakter des ganzen Ministeriums an. Die nächste Folge der Vorgänge in Oesterreich war die am 21. December erfolgte Zurückziehung der Quoten¬ vorlage im ungarischen Abgeordnetenhause, und die am 22. December verfügte Vertagung des Reichsrathes. Am 27. December bewilligte die Staatsschuldencommission dem Ministerium Wittek die, dessen Amtsvorgänger verweigerte Herausgabe des zu Valutaregulirungszwecken erforderlichen Goldbetrages aus ihrer Sperre; am 31. December veröffentlichte das Amtsblatt das kaiserliche Handschreiben, womit der Monarch nachdem die Quote durch die Parlamente nicht bestimmt worden war, dieselbe, u. zw. ganz im Sinne der von den beiden Quotendeputationen getroffenen Vereinbarung, für die Dauer der ersten sechs Mo¬ nate des Jahres 1900 feststellte, weiters auch jene Verfügungen, womit auf Grund des § 14 die Forter¬ hebung der Steuern und Abgaben, dann die Be¬ treitung des Staatsaufwandes bis Ende Juni 1900, die Verfassung des Centralrechnungsabschlusses für das Jahr 1899 und die Weiterverwendung von der Gebarungsperiode 1899 angehörenden Be¬ trägen bis Ende des Jahres 1900 bewilligt, das Ueberweisungsgesetz, sowie das Ueberein¬ kommen beider Reichshälften, betreffs der Stempel= und unmittelbaren Gebühren, des Verbrauchsstempels und der Taxen in Kraft gesetzt wurden. So waren denn die sogenannten Staatsnothwendigkeiten (die restlichen Ausgleichs¬ gesetze, das Budgetprovisorium) unter Dach und Fach gebracht, und damit die engumschriebene und wenig beneidenswerthe Mission des Cabinets Wittek erfüllt. Letzteres konnte somit wieder aus dem Amte scheiden, und am 20. Jänner ver¬ öffentlichte denn auch die „Wiener Zeitung“ die vom 18. Jänner 1900 datirten kaiserlichen Hand¬ chreiben, womit die an letzterem Tage erfolgte Demission des Ministeriums Wittek angenom¬ men und Dr. v. Koerber, mit welchem dies¬ alls bereits langwierige Unterhandlungen ge¬ flogen worden waren, zum Ministerpräsidenten ernannt und mit der Bildung des Cabinets betraut wurde. Nach den ebenfalls am 20. Jänner publicirten kaiserlichen Handschreiben vom 19. Jänner wurden sohin in das Ministerium Koerber berufen: Graf Welsersheimb als Landesvertheidigungsminister, Dr. R. v. Wittek als Eisenbahnminister, Dr. R. v. Böhm¬ Bawerk als Finanzminister, Freiherr von Spens=Booden als Justizminister, Dr. R. v. Hartel als Minister für Cultus und Unter¬ richt, Dr. Rezek als Minister ohne Portefeuille für Böhmen), Dr. Baron Call als Handels¬ minister, Baron Giovanelli als Ackerbau¬ minister und Dr. Pientak als Minister ohne Portefeuille (für Galizien), während sich Dr. von Koerber die Leitung des Ministeriums des Innern reservirte. Als ihre oberste politische Aufgabe bezeichnete die neue Regierung die ein¬ verständliche Beilegung des nationalen Streites, als ihre culturelle und wirthschaftliche Mission aber die Zusammenfassung aller Kräfte zum Gedeihen
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