66 der Verborgenheit an das Licht des Tages trat legte Erzherzog Franz Ferdinand, ohne der ihm selbst zustehenden Rechten zu entsagen, den Eid ab, daß er für seine Gemahlin und die aus seiner Ehe entstammenden Kinder auf die aus einer Stellung als Mitglied des kaiserlichen Hauses fließenden Rechte feierlich verzichte. Die Trauung des Erzherzogs erfolgte dann am 1. Juli 1900 in der Schloßcapelle zu Reich¬ tadt, und waren hiebei nur die engsten Ver¬ wandten des Brautpaares anwesend. Mit kaiser¬ lichem Handschreiben vom selben Tage wurde die Gemahlin des Erzherzogs Franz Fer¬ dinand, geborene Gräfin Chotek, in den erbländischen Fürstenstand mit dem Namen Hohenberg und dem Prädicate „fürstliche Gnaden“ erhoben. Erzherzog Franz Ferdi nand wurde am 18. December 1863 in Graz als erster Sohn aus der Ehe des Erzherzogs Karl Ludwig mit Maria Annunciata, Tochter Ferdinand II. von Sicilien, geboren. Gräfin Sophie (Maria Josephine Albina) Chotek, die nunmehrige Gemahlin des öster¬ reichischen Thronfolgers, wurde am 1. März 1868 zu Stuttgart als Tochter des damaligen österreichischen Gesandten in Württemberg, Grafen Bohuslav Chotek und dessen Gattin Wilhelmine, geborene Gräfin Kinsky zu Wchinitz und Tettau, geboren. Am 14. Juli 1899 wurde Erzherzogin Blanca, Gemahlin des Erzherzogs Leopold Salvator, von einer Prinzessin entbunden welche in der Taufe den Namen Marig Antonia erhielt. Die auswärtige Politik Oesterreichs bewegt sich auch im Berichtsjahre im bewährten Rahmen der Dreibund stand nach wie vor unerschütter fest und die Beziehungen zu den übrigen Mächten waren die denkbar besten. Wenn auch die im Juni 1899 cursirenden Gerüchte von einer Action Oesterreich=Ungarns wegen Er¬ werbung eines Stützpunktes für seinen Handel in China ein entschiedenes Dementi erfuhren so sah sich doch die österreichisch=ungarische Monarchie veranlaßt, an der kriegerischen Action wie der Großmächte in China theilzunehmen — dies nicht nur die Wahrung der österreichischer mercantilen Interessen in China, sondern auch der Umstand erforderte, daß, gleich den übrigen Gesandten, auch der Gesandte Oesterreich=Ungarns in Peking schweren Gefahren ausgesetzt war. Das innerpolitische Leben Oesterreichs krankt noch immer an dem verhängnißvollen Zwiste der beiden in Böhmen ansässigen Nationen, oden besser an dem Streben der Tschechen, sich in dieser Provinz eine Hegemonie zu erzwingen, welch ihnen weder nach der Geschichte des Landes, noch nach ihrer wirthschaftlichen oder intellectuellen Bedeutung in demselben gebührt. Nachdem am 1. Februar 1899 das öster¬ reichische Parlament neuerdings vertagt worden war und damit der Weg für die beliebte An¬ wendung des § 14 wieder offen lag, trat das Cabinet Thun in neuerliche Verhandlungen mit der ungarischen Regierung wegen Finalisirung der so lange pendenten Ausgleichsangelegenheit. Nach dem Sturze des Ministeriums Bauffy und der Berufung des Cabinets Szell führten die diesfälligen Verhandlungen denn auch auf Grund eines Compromisses der beiderseitigen Re¬ gierungen zu einem definitiven Abschlusse, so daß bereits am 14. Juni 1899 Ministerpräsident v. Szell den Gesetzentwurf über den Ausgleich dem ungarischen Abgeordnetenhause vorlegen konnte. Schon am 20. Juli 1899 wurde in der ungarischen Gesetzessammlung der erste Theil der sanctionirten Ausgleichsgesetze über die Modi¬ icationen des allgemeinen Zolltarifes des öster¬ reichisch=ungarischen Zollgebietes, betreffend die Bier= Branntwein= und Zuckersteuer, sowie die Erhöhung des Petroleumzolles, kundgemacht, und am selben Tage publicirte die „Wiener Zeitung die kaiserliche Verordnung, womit auf Grund des § 14 dieselben Verfügungen auch in Oesterreich eingeführt wurden. Der Umstand, daß durch die neuen Bestimmungen über die Zuckersteuer und den Petroleumzoll eine wesentliche Vertheuerung dieser Bedarfsartikel herbeigeführt werden mußte wodurch gerade der ärmste Theil der Bevölkerung auf das Empfindlichste getroffen wurde, führte im ganzen weiten Reiche zu energischen Protesten und mehr oder minder gefährlichen Demonstra¬ tionen. Die Letzteren, sowie die nahende Noth¬ wendigkeit neuer Delegationswahlen, welche doch unmöglich im Wege des § 414 durchgeführt werden konnten, brachten auch an maßgebendster Stelle die Ueberzeugung zum Durchbruche, daß es auf dem vom Ministerium Thun=Kaizl be¬ tretenen Wege nicht mehr weiter gehe. Wohl nachte der Präsident des Abgeordnetenhauses Dr. v. Fuchs einen letzten Versuch, dieses Mini¬ sterium zu retten, indem er am 11. September 1899 die Vertreter sämmtlicher Gruppen im Abgeord¬ netenhause zu einer Verständigungsaction einlud. Herr Dr. v. Fuchs war aber als einer der Führer der katholischen Volkspartei, jener Partei, welche obwohl zum größten Theile aus Deutschen be¬ tehend, doch die treueste Verbündete der Tschechen ist und unter der Flagge der angeblichen Vermitt¬ lung sich nicht scheut, ihren deutschen Stammes¬ genossen von der Linken bei jeder Gelegenheit in die Flanken oder in den Rücken zu fallen, wohl die am wenigsten geeignete Persönlichkeit um die deutsche Opposition zu einer noch dazu — als von ihm geleiteten Verständigungsaction deren erste Vorbedingung die Aufhebung des Unrechtes der Sprachenverordnungen nach wie vor gefordert werden mußte — zu bewegen und o lehnte denn die Obmänner=Conferenz der deutschen Opposition die Einladung des Herrn Präsidenten einstimmig ab. Noch bevor aber dieser Ablehnungsbeschluß in die Hände des Dr. v. Fuchs gelangen konnte, sagte dieser selbst am 23. Sep¬ cember 1899 die Conferenz ab, da am selben
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