geredet haben. Wie gesagt, der Eine wollte durchaus nicht treulos werden, aber der Andere versicherte, daß er in jedem Falle noch heute Nacht den Flucht¬ versuch machen werde. Der Oberst dankte also für die Mit¬ theilung und lud Thomas ein, sich am nächsten Morgen wieder einzufinden, um seine Belohnung zu empfangen für den Fall, als sich seine Angaben bestätiger sollten. Mit schwerem Gemüthe schied der Alte und er mußte sich immer wieder alle bestimmenden Gründe seines Sohnes ins Gedächtniß zurückrufen, um sein gutes Herz zu beschwichtigen, das allen Vernunftgründen zum Trotze sich nicht einverstanden erklären wollte. Der arme Alte verbrachte die Nacht recht unruhig, und als er am nächsten Morgen wieder erkannte, daß kein anderer Weg der Rettung möglich sei, da machte er sich denn abermals auf den Weg nach der Stadt, indem er vor sich hinbrummte: Gott verzeih's, es ist der sauerste Gang den ich in meinem Leben gemacht!. und auf meine alten Tage! Die Schwiegertochter hörte dieses kurze, aber vielsagende Selbstgespräch und sie entschloß sich, ihn zu begleiten um ihm auf dem Wege noch einmal die Lage vorzustellen, in welcher sie sich be¬ fanden, noch einmal die Schilderung vor die Seele zu führen, welche Hans vor demDeserteur entworfen hatte Aber je näher der Alte dem Hause des Obersten kam, desto mehr verlor er den Muth, wieder vor den Officier hin¬ zutreten, und vor dem Thore blieb er tehen, als bannte ihn ein Zauber. Seine Schwiegertochter redete ihm herzhaft zu. Aber diesmal schien nichts bei dem Alten verfangen zu wollen. „Ich gehe nicht!“ rief er plötzlich alle moralische Kraft zusammennehmend „Was nützt mir das Bett, wenn ich nicht darauf schlafen kann? Sie sollen mir Alles nehmen, aber meine Gewissensruhe will ich behalten! Der Hans ist auch ein schlechter Bursche geworden; ich mag 47 nichts mehr von ihm wissen, er soll mir nicht mehr über meine Schwelle, das kannst Du ihm sagen, das werde ich ihm schreiben. Eben wollte der Alte zornig um¬ kehren, als der Oberst aus dem Hause trat. Ererblickte Thomas und erkannte ihn. „Ah, da seid Ihr ja!“ redete er den Alten an. „Ihr kommt um Euer Geld? Na, das sollt Ihr haben, aber sagen muß ich Euch, Ihr habt mir einen unange¬ nehmen Dienst erwiesen. Der bravste Bursche im Regiment,“ fügte er hinzu, mehr unwillkürlich seine Gefühle aus¬ prechend, als zum Alten redend. Thomas erbleichte. „Hörst Du's, Liese?“ sagte er entsetzt zu seiner Schwiegertochter, „der bravste Bursche im Regiment, sagt der Herr Oberst, und er sagte, daß er ein Dieb, ein vielmals abgestrafter Mensch sei.“ „Wer sagte das?“ frug der Oberst ärgerlich; der bravste Bursche im Regi¬ ment ist's, sag' ich, der Hans Fröhlich ist bekannt dafür. „Hans Fröhlich?“ frug der Alte, er wußte nicht, wie ihm dabei geschah „Ja, entgegnete der Oberst, „so heißt der Bursche, den Ihr angegeben.“ „Hans Fröhlich!“ rief Thomas und begann am ganzen Leibe zu zittern. „Mein Sohn? Die Reihe zu staunen war jetzt an demObersten. „Euer Sohn? Der Hans Fröhlich? Euer Sohn? Ihr seid der alte Thomas aus Grinzing? Thomas war nicht im Stande, auch nur einen Laut hervorzubringen, er be¬ ahte nur mit heftigem Kopfnicken. „Ja, zum Kuckuck,“ fuhr der Oberst fort, „kennt Ihr denn Euren Sohn nicht? Denn er ist's, den Ihr angegeben habt. Der Alte brauchte geraume Weile bis er seiner Empfindungen Herr wurde Sein Gesicht zuckte krampfhaft; endlich brach er in Thränen aus und rief unter heftigem Schluchzen: „Herr Oberst, um Gotteswillen, Barm¬ herzigkeit! Ich will Euch Alles erzählen und Ihr werdet weinen müssen, wie ich!
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