Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1901

40 und das blonde Haar der Kleinen die vor ihm saß und einen Kranz zu chlingen suchte — wie mit einem Glorien¬ schein überfluthete, da war es wie himm¬ lischer Frieden über ihn gekommen. „Wer bist Du denn? „Loni von Haidach! Du darfst es aber dem Vater nicht sagen, daß ich bei Dir gewesen!“ Wie Schuppen fiel es von seinen Augen. Die Tochter des Todfeindes hatte ihn unbewußt wieder auf die rechte Bahn gewiesen. Das Kränzel von Unkraut aber hing er in seinem Zimmer auf und als am anderen Morgen die Sonne kaum aus den Wolken blickte, stand er an seiner Arbeit. Und an ein Schaffen ging's, wie er's — Als wären ihm noch nie gekannt. überirdische Kräfte verliehen, so schnell vollzog sich die vollständige Umwandlung eines Besitzthumes unter seiner Hand. Die Tölzer Bauern steckten die Köpfe zusammen. „Dem Brunnhuberbauer mus etwas Besonderes passirt sein,“ meinten die Einen, und der Lenz von Haidach schüttelte ein ums andere Mal seiner Kopf, daß es da drüben nicht mit rechten Dingen zugeht. Daß aber sein Töchterlein unbewußt die Ursache dazu war, das hätte er sich nie und nimmermehr träumen lassen. Zwei Monate nach Loni's zwanzigstem Geburtstage waren vergangen. heute Der Lenz von Haidach verließ denn früher als sonst sein Stammlocal er hatte mit dem Simmelbauer Jörg der ihn auf dem Heimweg begleitete, noch manch wichtige Geschäfte zu besprechen. Zunächst handelte es sich um Loni, die der Großbauernsohn partout zum Weib haben wollte, was dem Lenz keines¬ wegs unangenehm war, denn sein zu¬ künftiger Schwiegersohn besaß den statt¬ lichsten Bauernhof in der Runde und dreimal so viel Betriebscapital als er. „Weißt was,“ sagte der Lenz von Haidach, und zog seine Uhr aus der Tasche, „Du kannst ja jetzt gleich mit¬ gehen und Deine Werbung anbringen. Es ist erst acht Uhr, da ist die Loni immer noch auf. — Sie kann sich's die Nacht überlegen, und morgen weißt Du dann bestimmt, wie Du daran bist!“ „Hast Recht, Lenz! Du bist halt immer der Praktischere! Was man heut noch thun kann, soll man nicht auf morgen verlegen. Aber ein wenig fürcht' ich mich doch; sie könnt' mir's übel nehmen, daß ich noch so spät komm'!“ „Uebel nehmen! Ah bah! Da kennst Du die Weiber schlecht! Ein Weib nimmt niemals einen Heiratsantrag übel, und wenn's auch mitten in der Nacht ist. Und Du bist noch dazu der Erste. Könnt' mich nicht entsinnen, daß Dir Einer den Rang schon abgelaufen, denn mein Dirndl ist in aller Unschuld groß geworden.“ Dem Simmelbauern Jörg leuchteten die Augen in vollster Glückseligkeit bei dem Gedanken, das Muster aller Tugen¬ den bald sein nennen zu dürfen. Denn daß Die bei ihm den Heiratsantrag nicht —Und abschlug, das stand felsenfest. wenn er auch kein blendendes Aeußeres zur Schau trug — er hatte nämlich etwas verschmitzt blickende Augen und brennrothe Haare und sein Antlitz trug mehr Sommersprossen, als der Himmel — so wußte Sterne in einer Augustnacht er doch genau, daß in derartigen Fällen oft die klingende Münze den Ausschlag gibt, und daß seine Gestalt auf dem Goldhaufen, auf dem er thronen konnte, immer ganz respectabel zur Geltung käme „Schönheit allein thut's ja nicht, es nuß auch ein gehöriger Untergrund vor¬ — „und — sagte er sich handen sein“ wenn die Loni einen armen Schlucker heiratet, dann ist sie gar bald vergessen und spielt trotz ihrer Schönheit keine Rolle mehr. Eine Loni Simmelbauer aber, die kann sich überall sehen lassen und Alles wird Respect vor ihr haben, wo sie auch erscheinen mag. Unter solcherlei Betrachtungen, die tets zu seinen Gunsten ausfielen, waren sie bis an den Gartenzann gekommen

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