Im Banne der Schuld. Novelle von C. Hermann. Nachdruck verboten) er Lenz von Haidach hatte heute ließ er heute liegen; es wäre so Manches wieder einmal seinen kritischen zu thun gewesen, was auf ihn wartete. 95 Tag. Zuerst saß er lange einsam in der SDas wußte jegliches Gesinde, Laube im Garten und nun lehnte er von der Stallmagd bis zum Großknecht, chon seit der Mittagsstunde mit ver¬ und Alle gingen ihm deshalb, wenn sie chränkten Armen an der Mauer des Hauses und ließ sich die sengende Sommer¬ es möglich machen konnten, sorglich aus dem Wege. onne in das ohnehin stark geröthete Selbst Loni, sein einziges Töchterchen, Antlitz scheinen. machte, wenn sie im Hofe etwas zu Alles hatte sich vor ihm geflüchtet. schaffen hatte, einen großen Umkreis, um Auf dem Brunnenrand nur saß krei¬ ihren griesgrämigen Vater, der mit über chend ein kecker Spatz und der treue der Brust gefalteten Händen, gesenkten „Tiger“, der Hofhund, lag gelangweilt Hauptes und düster zusammengezogenen zu seinen Füßen. Brauen dasaß, wie ein Feldherr, der eine Hin und wieder hob das schöne Thier Schlacht verloren. den mächtigen, braunen Kopf, blinzelte Gerade heute, an Loni's zwanzigstem einen Herrn mit verschlafenen Augen an, Geburtstage!— Es war ganz unver¬ dann streckte es sich wieder der Länge zeihlich vom Vater! Wie hatte sie sich hin in den heißen, harten Kiessand nach nur auf diesen Tag gefreut! auchihm schien die Lust vergangen, sich In aller Morgenfrühe wohl, da war in Haus und Hof umherzutummeln. er in ihr Stübchen getreten, mit einem Da schnellte „Tiger“ plötzlich in die großen Mandelwecken im Arme, den er Höhe. Rasche Tritte nahten sich dem Abends heimlich von der Stadt mit heim¬ Hause. gebracht. Ein seidener Rock in grün¬ Ein junger Bursche ging am Garten¬ chillernder Farbe war noch dabei gelegen zaun vorüber. Er lüftete seinen Hut und und ein rothsammtenes Gebetbuch mit ah mit blitzenden Augen in den Hof¬ zierlicher Filigranarbeit. raum. Sie wußte es wohl, das hatte seine Jetzt gewahrte er den Bauern, dessen Sparcasse bedeutend gelichtet, und wenn Gesicht bei seinem Anblick aschfahl gewor¬ — sie daran dachte, wie sie in solchem en und er beeilte sich, demselben so Staate ausgerüstet zur Kirche ging, sie, chnell wie möglich aus dem Gesichtskreis die ohnedies durch Schönheit und Wuchs zu kommen. ich auszeichnete, dann wußte sie sicher, „Verdammte Brut!“ murmelte der daßsämmtliche Augen mit Wohlgefallen übelgelaunte Bauer, und stieß mit derber auf ihr ruhten und viele ihrer Bekannten Heftigkeit mit den schweren, nägelbeschla¬ und Freundinnen in hellem Neid sich genen Schuhen in den Sand. verzehrten. In demselben Augenblick kam Loni Und doch konnte heute keine so rechte von der entgegengesetzten Seite des Hofes Freude im Innern ihres Herzens auf¬ her. kommen, sah sie doch, wie sich der gute Sie sah ihren Vater, wiewohl sie Vater zu dem bescheidenen Lächeln zwang, nun schon seit zwei Stunden im Felde als er ihr die Geschenke überreichte, und war, noch immer mit finster brütender wie schnell sich seine Miene wieder ver¬ Miene auf der Bank vor dem Hause düsterte und den ganzen Tag sich nicht itzen. aufklärte. Selbst die nothwendigste Arbeit Nun litt es sie nicht mehr länger. 3
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