16 schreiber und Leutumbringer nie ’braucht, brauch' iatzt auch koan' mehr.“ Dami drehte er sein Gesicht nach der Wand und blieb bis zum späten Abend re¬ gungslos liegen. In der Nacht aber brach das Fieber aus. Er begann zu toben, mit aller Energie, die seinem Greisenkörper noch inne wohnte. Nanni und ihre Mutter vermochten es allein nicht, seiner Herr zu werden und beschieden auch den Bau¬ mann noch an das Lager. Während dieser die fortwährend schlagbereiten Arme des Kranken niederhielt und die Witwe klägliche Schreie ausstieß, so oft ein durch die wilde Erregung verursach¬ ter neuer Blutguß über das Hemd des Fiebernden niederrieselte, hörte Nanni nicht auf, seine innen wunde Brust und die Stirne mit frischem Wasser zu kühlen. Sie flößte ihm die Medicin nach Vor schrift ein und sank endlich vor dem Bette in die Knie, Gott laut um Hilfe anrufend. Und er half. Gegen Morgen wurde der Scheibenbauer ruhig. Die so Blutergießungen hörten auf, seine lang starr offen gehaltenen Augen fielen zu und dann lag er schlafend, röchelnd da. Sterb'n thut er!“ sagte die Witwe. „Paß auf, Nanni, er stirbt.“ „Naa, er stirbt net. Unser Herrgott kann net so unbarmherzig sein und ihn — abrufen, bevor“ das Uebrige sprach sie nicht mehr aus, aber sie drückte die Hände vor das Gesicht und weinte bitterlich. Das waren schlimme Tage, die nun folgten. Der Arzt, welcher jeden Morgen kam, meinte, es gehe nichts über eine zähe Bauernhaut und besonders über die eines Wäldlers. Am achten Tage nach seiner Verunglückung endlich richtete sich der Scheibenbauer mit vollkommer klarem Geiste im Bette auf. Er befragte Nanni, die in der ganzen Zeit kaum eine Stunde von ihm gewichen war, über einen bisherigen Zustand, schalt wieder aus vollem Halse über sie, was ihr ein besonders gutes Zeichen dünkte, und er¬ griff endlich ihren Arm, um sie näher an sich zu ziehen. „Hab' z'red'n mit Dir,“ sagte er. „Möcht' wiss'n, ob Du so bist, wie i's gern hätt'. Aber vor All'm red' mir koa Wörtl drein. I bin z’wen'g kräftig zum Streit'n, es kunnt mei' Tod sein, wie der Docta sagt. Also: — Hast Du's im Sinn, daß D' amal heirat'st, Dirndl? „Aber Bauer „Ja oder naa?“ begehrte er heftig. „Naa, Bauer, i heirat' mein Lebtag net. derselb „Woaß schon, weil Dich Zimmermannbua a so über'n Daum draht hat. Kimmt aber amal an An¬ derer, aft hat's Dich wieder beim Bandl. — Lus auf! Weiberleut is Weiberleut. I übergib Dir mein' Hof, mei' Geld und Alles unter der Bedingung, daß d' net heirat'st. Magst'n Du aso?“ Sie hätte ihm sagen mögen, daß sic zwar gesonnen sei, niemals zu heiraten, daß sie aber gerne auf seinen Hof ver¬ zichte, weil er ja ohnehin einen Sohn habe, dem er Alles vererben könne und müsse. Aber sie wagte es nicht, denn sie ürchtete einen Zornausbruch, der ihm den Tod bringen konnte. Darum nickte ie nur bejahend mit dem Kopfe. Guat. Du wirst fest beim Wort g'numma. Schick' mir also heut' noch zum Notar in Freyung, daß er morg'n kimmt!“ Am nächsten Tage erschienen Doctor 9 und Notar zugleich. Während Ersterer constatirte, daß der Kranke vorläufig außer Lebensgefahr und geistig voll¬ kommen gesund sei, setzte Letzterer das Document auf, durch welches Nanni, das arme Mädchen, Herrin des Schei¬ benhofes wurde. Mit zitternder Hand etzte sie ihren Namen unter die voll¬ wichtigen drei Kreuze des schreibunkun¬ digen Bauern. Dann las ihm der Notar das Schriftstück nocheinmal laut vor Bei der Clausel: „Uebernehmerin des Schei¬ benhofes verpflichtet sich, nie zu heiraten oder am Tage ihrer Hochzeit das Anwesen notarieller Verwaltung zu übergeben, bis der rechtmäßige Erbe, Johann Hocht¬ gruber, Sohn der Erblassers Johann Hochgruber, ausfindig gemacht ist. Trifft
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