von Bäumen umgebenes Gehöfte, bestehend aus dem zweistöckigen Wohnhaus mit Giebeldach und Altane, einem Neben¬ häuschen und den Wirthschaftsgebäuden Den Hintergrund bildete wieder der grüne Nadelwald, welcher sich über den ganzen Bergkamm hinzog. „Da is halt iatzt der Scheib'nhof, seufzte die Witwe, indem sie ihrer Tasche ein rothes Sacktuch entnahm, um die etwa bald niederträufelnden Thränen dareinzuthun. „O, unser' liabe Frau gib's, daß's Dir net schlecht geht da, Nanni! Bet' nur fleißi' und halt' Dich brav, i bet' nachher auch alle Tag' für Dich.“ Nun waren die Schleusen aufgezoger und das rothe Sacktuch mochte sich wohl seiner Größe und seiner unverwüstlichen Farbe freuen. Nanni schüttelte unmuthig den Kopf. „Jatzt rährst,*) Muatta, als wie wenn i aus der Welt gaang! Is unser Häusl denn hundert Stund' weit weg von da und kann i denn net alle Feiertag hoam¬ zu Dir?“ geh'n „Ja, das tröst' mi' noch,“ schluchzte die Witwe. Und wenn's Dir etwa denn¬ erst z’hart werd'n sollt' auf'm Scheib'n¬ hof, oder wenn der Bauer gar z'massiv wär' auf Dich, aft**) kimmst halt wieder hoam. Wir werd'n uns in Gott's Nam chon furtbringa.“ Der Hof war erreicht. Der Fuhr¬ mann hob die Truhe vom Schlitten und trug sie in das Haus. Nanni und ihre Mutter betraten die große, vielfensterige und trotzdem nicht sehr helle Stube, derer Wände wohl seit Jahren nicht mehr ge¬ weißt worden waren. Der Fußboder war dunkel vor Schmutz, die langen Bänke, sowie der ungeschlachte Ahorntisch erfreuten sich ebensowenig der Sauber¬ keit. Aber eine behagliche Wärme ver¬ breitete sich von dem grünen Kachelofen aus durch den Raum und der Duft von *) Weinst. **) Dann. 3 Braten und Krapfen stieg den hungrigen Ankömmlingen angenehm in die Nase. Aus der Nebenkammer trat jetzt eine alte Magd, welche hastig ihre Hand an der Schürze putzte, um dieselbe dann zum Gruße darreichen zu können. Wahr¬ scheinlich war sie mit Nanni's Mutter gut bekannt, denn die Beiden begannen zu gleicher Zeit mit solcher Gewandtheit und Unermüdlichkeit zu schwätzen, daß dem Mädchen nichts übrig blieb, als gähnend aus dem Fenster zu schauen. Erst als im Gespräch der Name des Scheibenbauern zum Oefteren vorkam horchte sie auf. „Er is iatzt im Hof hint'n,“ sagte die Magd. „Wahrscheinli' schimpft er die Knecht' wieder weg'n irgend a Kloa¬ nigkeit. — Ja, mei' liab's Häuslwei' er is schon a so wie d'Leut' sag'n, auf¬ richti' wahr. Von die allerzornigst'n a Mensch is er und a ganze Wocha siahgst'n nie freundli' dreinschau'. Na woaßt, wenn man das schon g’wöhnt is, wiar i, liegt Einem nimmer so viel dran. Man laßt'n räsonnir'n und denkt sich: —So Steig' Du mir in'n Buckl aufi! muaß's halt die Nanni auch macha. „Mei', o mei',“ jammerte die Witwe „wenn er net a rechter Leutsegirer“ waar, aft waar doch sei' oanziger Bua dahoam blieben, waar net furt ins Ame¬ rika. „I woaß, Häuslwei', g'rad seit der¬ selb'n Zeit, wo der Hans furt is, is er gar so rabertatisch, der Alt'. Der Hans is an übermüathiger Bua g’wes'n, der g’rauft, g’spielt und trunka hat. Und drum hab'n s’nimmer auskemma könna miteinand'. Der Bauer hat'n ausg'schafft, der Hans is glei' in der Höh' g’wes'n und in der Pfingstnacht, wie er mit dem Wasservogel ganga is, hat er eahm vor'm Haus draußt an Abschiedsliadl g'sunga. Und der Alt' hat eahm 's Haus verbot'n. Jatzt freili' ziemt's mi' oft, als ob's ihn kränka thaat, denn sei' oanziger Bua is er ja doch und — o Jessas!“ unterbrach *) Segiren = plagen. 1*
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