Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1900

128 Wien verübt hatte, wegen des Verbrechens des Gewohnheitsdiebstahles zu fünf Jahren schweren, verschärften Kerkers verurtheilt. Am 9. September Vormittags brannte das Klinglmayrgut der Eheleute Josef und Maria Fuchs zu Heiligenkrenz aus un¬ bekannter Ursache ab. Bei dem Brande wurden sechs Rinder und zwei Schweine owie die ganze Fechsung und die meisten landwirthschaftlichen Geräthe ein Raub der Flammen. Der Schade belief sich auf 8000 fl. und war durch Versicherung gedeckt. Bei den Rettungsarbeiten erlitten die Tochter Veronika der Besitzerseheleute, Jos. Söll¬ radl, Sohn des Besitzers des Schobermair¬ gutes, und die Dienstmagd Elisabeth Koffler schwere Verletzungen. Am Brandplatze waren die Feuerwehren von Kremsmünster (Markt) Sipbachzell und die Stiftsspritze von Krems¬ münster thätig. Die 19jährige Bauerstochter Cäcilie Langeder vom Ortnergute in Hammers¬ dorf bei Pettenbach, welche am 9. September beim Nachbarsbauern Josef Duzler bei der Dreschmaschinenarbeit mithalf, gerieth aus eigener Unvorsichtigkeit mit dem linker Fuße in die Trommel der im Gange befind¬ lichen Maschine, wodurch ihr der linke Unterschenkel gänzlich zertrümmert wurde Der schnell herbeigeholte Gemeindearzt Dr. Pogner mußte, unterstützt von seinen beiden Söhnen, welche Mediciner sind, sofort die Amputation des Fußes vornehmen. Am 12. September feierten die Besitzers¬ eheleute Mathias und Josefa Oehlinger des Mairleitengutes Schweinsegg in Gemeinde Ternberg, in voller Rüstigkeit ihr goldenes Hochzeitsfest Ein sehr heftiges Gewitter entlud sich am 14. September über die Gegend von Grünburg=Steinbach, wobei der Blitz in das ehemalige Maderböckhaus in der Luft, Eigenthum der Therese Hinterhofer. einschlug und in den Zimmern des Hauses Verwüstungen anrichtete, ohne jedoch zu zünden. Die Inwohnerin Sterneder und deren vierjähriges Kind stürzten infolge des Blitzschlages betäubt zu Boden, nahmen jedoch keinen Schaden. Am 14. September ertrank der Flößer Felix Gressenbauer aus Pichl beim ogenannten Stampfauersteg zu Hinter¬ tambergan im Steyrflusse. Er war ein fleißiger, treuer Arbeiter und wegen seines geselligen Charakters sehr beliebt. Seine Leiche, welche man sofort nach dem Unglücks¬ falle im Flusse fand, wurde in Hinterstoder beerdigt. In Dambach, Gemeinde Garsten, starb der Verleger der seiner¬ am 15. September zeit dortselbstchwunghaft betriebenen Nägelfabrication, Franz Hinterbichler, nach kurzem Leiden in seinem 73. Lebens¬ jahre. Er genoß als reeller Geschäftsmann allgemeine Achtung und war in früheren Jahren lange Zeit Ortsschulinspector der Volksschule in Dambach und Mitglied des Ortsschulrathes Garsten gewesen Feierliches Glockengeläute verkündete am 15. September Abends in Steyr, sowie im ganzen Kronlande, daß die irdische Hülle unserer unvergeßlichen Kaiserin Elisabetl auf der Heimfahrt vom schweizerischen Boden bereits in den österreichischen Erblanden angelangt sei. In Steyr war es bekannt geworden, dass der Leichenzug, welcher die todte Kaiserin nach Wien brachte, in unserer Nachbarstation St. Valentin an diesem Tage um 6 Uhr 30 Minuten Abends eintreffen und einen kurzen Aufenthalt nehmen werde. Es war natürlich, daß es ein Herzens¬ bedürfniß Vieler war, nach St. Valentin zu eilen, um in pietätvoller Weise der todten Kaiserin den letzten Gruß Oberösterreichs zu entbieten. Vor allem war es die Gemeinde¬ vertretung der Stadt Steyr, welche, durch eine Deputation von mehreren Ge¬ meinderäthen mit dem Bürgermeister Johann Redl und Vicebürgermeister V. Stigler vertreten, sich am Bahnhofe St. Valentin einfand, um Kunde zu geben von der tiefen Trauer der Stadt und der erhabenen Todten Blumengrüße mitzugeben auf ihre letzte Reise. Das uniformirte, bewaffnete Bürger¬ corps Steyrs, welchem im Jahre 1880 anläßlich seines 500jährigen Bestandes die hohe Ehre zu Theil geworden, daß unsere Kaiserin die Fahnenpathin=Stelle huldvollst Ehren¬ anzunehmen geruhte, hatte eine Mann compagnie in der Stärke von 78 mit dem Commandanten Hauptmann Pilat an der Spitze, entsendet, um zum letztenmale die Fahne zu senken vor seiner erlauchten Pathin. Viele Hunderte, von theilnahmsvoller Gefühlen bewegte Personen, hierunter auch Stadtpfarrer Strobl von Steyr und Pfarrer Gugeneder von Sierning, k. k. Beamte mehrere andere Gemeinderepräsentanzen und Vereine aus der Umgebung schlossen sich an. Es war ein überaus feierlicher, tief ergreifender Moment, als der Hofzug langsam und fast geräuschlos in die Station einfuhr, und manches Auge füllte sich mit Thränen. Der Vertreter der k. k. Bezirks¬ hauptmannschaft Amstetten stellte die Ver¬ tretung der Stadtgemeinde Steyr dem Oberst¬ hofmeister Grafen Bellegarde vor, und Bürgermeister Redl unterbreitete tiefgerührt die Trauerkundgebung der Stadt, zugleich einen prachtvollen Kranz mit mächtigen Schleifen in den Stadtfarben überreichend welche die Widmung trugen: „In tiefster Ehrfürcht —die l. f. Stadt Steyr.“ Der überreichte Kranz wurde im Leichenfourgon niedergelegt. Nachdem Graf Bellegarde mit Bürgermeister Redl einige freundliche Worte gewechselt, schritt er auf das Bürgercorps

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