106 Während die Rosel den Jörg suchte, ging Kurt zum Krankenbett seines Weibes, sprach mit ihr und sagte ihr nun, er benöthige die Rosel heut' ein paar Stunden, damit die Kranke beruhigt war über deren Absein vom Haus. Da winkte ihm draußen vom Hofe aus auch schon die Rosel; sie hatte den Jörg glücklicherweise noch er¬ wischt, bevor er „liefern“ ging, was meist eine lange Zeit, oft bis Mitternacht erforderte, und froh, alle „Verbrecher“ beisammen zu haben, stärkte sich der Alte noch rasch mit einem kräftigen Schluck Bier, dann stiegen die Drei hinauf in's Lager, der Kurt gar kleinlaut, die Rosel im Stillen betend, der Jörg ganz ge¬ brochen. Unter der gefürchteten und gemiedenen Eiche saß der Pürchinger und um ihn her standen in achtungsvoller Entfernung einige Söldner, und der Rosel scharfes Auge erkannte darunter schon von weitem den hartherzigen habsüchtigen Menschen vom „Pfefferbüchsel“, und sie ahnte, um es sich hier handelte was Der Pürchinger erwiderte gar nicht den Gruß der drei Herzutretenden, son¬ dern sah durchdringend und forschend erst die Rosel an und dann den Jörg. „Kennt die Jungfer den Mann da? fragte er grimmig die Rosel und deutete auf den Rottenführer „Ja“, sagte die Rosel, sich zwingend, muthig zu sein, „seit gestern Nachmittag „Schön“, meinte der Pürchinger „die Jungfer hat ja recht saubere Be¬ kanntschaften! Der Rottenführer da be¬ chwert sich über sie, daß sie ihn hat bestechen wollen! Zehn Goldstücke hat die Jungfer ihm geboten, so er einen der drei Steyrer die im Thurm die Dick¬ schädligkeit ihrer Sippe büßen, entwischen — ist es so?“ laßt „Ja“, stimmte die Rosel wieder bei und setzte muthig hinzu: „Und wenn der edle Herr erlaubt, erzähl' ich jetzt, wie die Sach' sich zugetragen „Red' die Jungfer,“ nickte der Pür¬ chinger, und der alte Kurt bemerkte mit großer Freude, daß sein Herr in gar nicht so übler Laune war, „aber hör sie auch wieder auf, wenn's genug ist — bin kein Freund vom langen Geschwätz! Also!“ Und die Rosel erzählte, wie der Caspar so halb und halb ihr Verlobter wär' und sie um ihn gar so viel besorgt sei, weil er jetzt gefangen saß, und wie sie den Plan zu seiner Befreiung aus¬ geheckt und durchgeführt habe. Sie ganz allein sei die Schuldige und sonst Niemand. „Natürlich“ meinte der Pürchinger den die Sache jetzt mehr zu ergötzen schien, als er sich darüber ärgerte, „die Jungfer kann's aber nicht verleugnen, daß sie und die biblische Eva Verwandte sind Was weiter? Oder ist die Jungfer zu Ende? „Nein“, erklärte die Rosel, „die Sach hat, wie jedes Ding, zwei Seiten ich bin schuldig, das bekenn' ich gern, aber der da auch!“ Und sie deutete auf den Rottenführer, der ein ziemlich unvertrautes Gesicht machte, zumal er Rosels Worte nicht verstand. „Hoho!“ lachte der Pürchinger auf, „wieso denn das „So, gnädiger Herr“, erklärte die Rosel muthig, und sie erzählte haarklein wie der Rottenführer statt zehn hundert Goldstücke gefordert hatte, und machte dazu die Zeichen, mit welchen sie und der Söldner unterhandelt hatten. Das geschah so kindlich, so lebhaft und treffend, daß es über des Pürchingers wetterhartes nicht Gesicht nur so hinüber zuckte — wie fernes Wetterleuchten, wohl aber wie —die Sache war verhaltenes Lachen aber auch gar zu lustig zum Anhören und zum Zusehen. „Bin ich schuldig, so ist es auch der Mann da“, schloß die Rosel ihren Vor¬ trag, „und ich bitt' Euch, edler Herr, gar sehr um eine wohlwollende Beur¬ theilung meiner Schuld und um eine gnädige Strafe für mein Vergehen! Der Pürchinger war wieder ernst ge¬ worden und gebot dem Kurt, das, was seine Tochter gesprochen, dem Rottenführer in's Böhmische zu übersetzen und ihn zu zu fragen, wie die Sache sei, denn der edle Herr verstand auch nur deutsch, wie
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