weit vom Thurm, das einsam in dem Gärtchen lag. Es war eigentlich nur ein gemauerter Kellereingang, der sich halb¬ versteckt an der Berglehne erhob und zu großen Kellergewölben führte, welche der Wirthsinnung gehörten „Hört, Jörg, sagte die Rosel, ihren Begleiter musternd, „Ihr seid zwar ein Riese, ob aber die Söldner vor Euren leeren Fäusten große Ehrfurcht haben 77 werden, möcht' ich bezweifeln Um des großen Jörg faltiges Gesicht glitt ein überlegenes Lächeln. Er griff in den um die Hüften gerollten Schurz, hielt dann der Rosel die geballte Faust hin, öffnete die knochigen Finger und sagte grinsend, wobei er auf seine Handfläche zwinkerte: „Da seht, Jungfer Rosel, daß der — wird's Jörg nicht ohne Waffe ist schon thun so, und fallt Niemand auf!“ Die Rosel, die in der geöffneten Hand des Jörg einen Schusterkneipp erblickt hatte, lächelte und nickte befriedigt. Frei¬ lich, die Waffe in der sehnigen Faust des grauen Jörg war furchtbar, und beruhigt schritt sie ihm voraus gegen die Pfefferbüchse. Als sie dem Thurm nahe waren, erblickten sie beim Fensterchen des mittleren Gelasses, das gegen die Steyr ich kehrte, den Caspar, der sehnsüchtigen Blickes auf die Stadt hinsah, und der Scharfblick der Rosel und ihr feines wveibliches Gefühl sagten ihr, daß der arme Caspar sich jetzt mit ihr beschäftige, und so war es auch. Der Caspar hatte bald entdeckt, daß dieses Fensterchen den Ausblick just in der Richtung gewähre, in der das Häuschen des alten Kurt sich befand, er vergaß auf seine Gefährten, eine auf den rauhen Pürchinger und auf eigene Wichtigkeit als Geißel seiner Vaterstadt und übergab dem leisen Lüftchen, das von der Taborhöhe herab gegen die Stadt drunten säuselte, seine Gedanken und Seufzer an die Rosel, was für diese eine Art Huldigung, für den braven Caspar aber jedenfalls eine Erleichterung war. Und da, er traute seinen sonst so guten Augen nicht, da standen im Schatten 103 eines alten, ästigen Hollunderbaumes die Jörg Rosel und der ihm wohlbekannte und winkten ihm lebhaft und geheimni߬ voll zu und machten allerlei Zeichen, die der Caspar in seiner Freude und Selig¬ seiner keit ob des unverhofften Anblickes nicht zukünftigen Gebieterin natürlich doch verstand, aber im Kußhandwerfen nicht grad' faul war. Noch wußte der Caspar nicht, wie er es bewerkstelligen sollte, um mit der Rosel einige Worte zu wechseln, und die Rosel wußte das wohl auch nicht, als das Glück des Wiedersehens der Liebenden auch schon gestört wurde, denn um den Thurm herum kam, mehr gesprungen als gegangen, ein stämmiger, rnst dreinschauender Geselle, in Sturm¬ haube und fettglänzendem Lederwamms, an der linken Seite ein kurzes Schwert sichel¬ in der rechten Hand eine oben förmig gestaltete Hellebarde haltend, welch gräu¬ letztere er gar drohend und unter Jörg lichem Gezeter der Rosel und dem entgegenfällte. Die Rosel, so tapfer sie auch war, wich bei diesem unheimlichen Angriff doch ein paar Schritte zurück, der Jörg aber rief dem Söldner des Pürchinger zu, er möge nur etwas ruhiger sich geberden, ie hätten mit ihm zu reden. Der Kriegs¬ mann, der wohl einsehen mochte, daß die zwei da weder den Thurm davontragen, noch dessen Wache erschlagen konnten, blieb etliche Schritte vor den beiden stehen, spießte die Kriegssense in die Erde und wartete, mit verschränkten Armen dastehend, das Weitere ab, nachdem er etwas in böhmischer Sprache erwidert und mit einigen schlecht ausgesprochenen deutschen Worten gesagt hatte, daß er nicht deutsch verstehe St. Georg, das wird was werden, Jungfer Rosel“, sagte der Jörg zu dieser die den Schreck schon abgeschüttelt hatte und dem Caspar, der vom Fensterchen droben sehr besorgt heruntersah, Zeichen machte, sich still zu verhalten, „der Pürchingerische kann nicht deutsch und wir nicht böhmisch — Euer Herr Vater hat halt doch recht, als er jüngst sagte, Wissen bricht Macht — könnt' ich
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