Aedes Ding hat zwei Seiten. Erzählung aus Stadt Steyr's Vorzeit von Heinrich Kematmüller. Nachdruck verboten. O Damals, um die Mitte des 15. Jahr¬ I. hunderts, sah es da oben gar eigenartig aus. Im December des Jahres 1463 Wan heißer Jultag war zn Ende. Die hatte Kaiser Friedrich IV.**) die Re¬ Sonne war schon hinter den Bergen gierung Oesterreichs wieder übernommen verschwunden, aber noch vergoldete der und trachtete auch Stadt Steyr wieder versunkene Feuerball die Spitzen der Berge von seinem damaligen Besitzer, dem Ritter und hielt die leichten Nebel zurück, die Georg von Stain, zu erhalten, dem er sich anschickten, herabzusinken aus den im folgenden Jahre 6000 fl. und den luftigen Höhen in die sommerliche Gluth Besitz der Stadt noch auf ein weiteres des Thalkessels am Zusammenflusse der Jahr versprach. Georg von Stain fühlte Enns und Steyr. In der Stadt war sich aber ganz wohl als „Herr und Re¬ noch alles Leben, Hasten und Treiben, gierer der Herrlichkeit zu Steyr“, wie er denn die Zeiten waren nicht angethan, sich selbst nannte, auch dürfte er die ver¬ daß der ehrsame Bürger der schönen Stadt sprochene Geldsumme von dem ewig in Steyr mit dem Sinken der Sonne hätte Geldklemme befindlichen Landesherrn nicht Feierabend machen können, da in und erhalten haben, und so gab er die Herr¬ um die Stadt seit einigen Jahren ein schaft und die Stadt Steyr nicht zurück, Kriegszustand sondergleichen herrschte, und sondern befestigte die Stadt und die An¬ die Bewohner dieses lieblichen Fleckchens höhen rings herum, nahm viel böhmisches Erde hatten ihre liebe Noth, durch ihrer Kriegsvolk in seinen Sold und bereitete Hände Arbeit soviel zu erwerben, um ihr sich auf einen langen und ernsthaften Drauskommen zu finden, denn sie mußten Widerstand gegen seinen Landesherrn vor den Krieg ernähren, den ihnen ihr Herr Zum Stützpunkt für diese Befestigungen und Gebieter zu seinem Nutz und Trutz rings herum und als Lager für seine aufgehalst hatte. Tagsüber robotteten Söldner hatte Georg von Stain die daher meist die Bürger im Dienste ihres Ebene oberhalb der Stadt, am linken Bedrückers, bauten Straßen und Wege, Ennsufer, gewählt, und da, wo heute der Mauern und Thürme in und um die Friedhof sich befindet, dehnten sich weit Stadt, schmiedeten Waffen, arbeiteten an hinab gegen Gleink und flußabwärts an den Wurfmaschinen oder flochten Schanz¬ der Enns gewaltige Schanzen, wohl nur körbe und kärrten sandbeladene Säcke aus Erde, aber gut gebaut und mit hoch hinauf das steile Sträßlein auf die einigen Feuerrohren besetzt, welche die Ebene droben, wo heute der Gottesacker Ebene und die Stadt gut bestreichen liegt und sich das thürmchengeschmückte konnten. Da nun diese Schanzen mit Häuschen für den Wächter befindet: auf böhmisch sprechenden Söldnern besetzt den heutigen Tabor.*“) *) Im Jahre 1480 erst baute die Stadt am Tabor das Wachhaus und ließ es mit einer Mauer umgeben. Lange Zeit wohnte darin der städtische Stadtthürmermeister. **) Kaiser Friedrich IV. regierte vom Jahre 1439—1493. Um die Herrschaft in Stadt Steyr war er damals in Fehde mit seinem Bruder Herzog Albrecht, welcher am 16. März 1463 Stadt und Herrschaft Steyr an einen Ritter Georg von Stain um 14.000 ungarische Gulden verpfändet hatte. Herzog Albrecht starb am 2. December 1463 ohne Erben. Erst Ende 1469 wurde Georg von Stain aus Steyr vertrieben. 7
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