78 von Infection durch gezüchtete Bacillen immer vereinzelt“, doch der Gelehrte erwies sich dies mal leider als schlechter Prophet, denn noch am Tage des Begräbnisses des Barisch mußten die beiden Wärterinnen des Verstorbenen, Johanna Hochegger und Albine Pecha, in das Kaiser Franz Josefs=Epidemiespital überführt und die eine derselben in die isolirte Krankenpflege über¬ geben werden. An Albine Pecha waren die Symptome einer Pestinfection nicht mehrzu verkennen und auch Dr. Müller, welcher die Pflege der beiden Wärterinnen übernommen hatte, mußte sich am 21. October krank melden Bei diesem konnte ebenfalls bald kein Zweifel mehr herrschen, daß er an der Pest erkrankt sei. Infolge dieser Sachlage wurde noch am 24. October Abends die vollständige Absperrung des Epidemiespitales und die theilweise Schließung des Allgemeinen Krankenhauses verfügt. Das Betragen der Bevölkerung war trotz aller Auf¬ regung ein musterhaftes. Seit der Erkrankung C Dr. Müller's hatte Dr. R. Poech die Behandlung der Pestkranken im Epidemiespitale übernommen, während Dr. Müller selbst mit bewunderns¬ werthem Gleichmuth minutiöse Selbstbeobachtun¬ gen machte und deren Ergebnisse seinem Collegen mittheilte. Schon am 23. October 1898 erlag Dr. Müller seiner schrecklichen Krankheit. Kräftiger als Dr. Müller wehrte sich Albine Pecha geger die tückische Krankheit, aber auch sie mußte nach zehntägigem Widerstande und trotzdem man sie wiederholt mit dem aus dem Pasteur'schen In¬ stitute in Paris herbeigeschafften Pestserun njicirt hatte, dem asiatischen Würgengel erliegen. Sie starb am 30. October 1898, um ½3 Uhr Morgens, nach schwerem Todeskampfe. Bei den zweiten im Epidemiespitale internirten Wärterin zeigten sich am 26. October ebenfalls Besorgniß erregende Symptome, was die Einberufung eines zweiten Pestarztes nothwendig machte. Als olcher stellte sich Dr. Maximilian Mayer ein. Zum Glücke standen die bedrohlichen Symptome bei Johanna Hochegger in keiner Verbindung mit einer Pestinfection. Da im Allgemeiner Krankenhause seit der Erkrankung des Barisch und der zwei Wärterinnen kein weiterer Fall von Pestverdacht eingetreten war und auch sonst hier keine weitere Gefahr der Ansteckung bestand o wurde dasselbe am 31. October wieder eröffnet Nachdem sich die bedrohlichen Symptome bei Johanna Hochegger rasch zurück gebildet hatten und sich dieselbe am 30. October vollständig wohl befand, daher bereits an diesem Tage aus der Isolirabtheilung sammt ihren beiden Pflege schwestern in die Contumaz=Abtheilung über¬ ührt worden war, nachdem ein großer Theil der Internirten bereits wieder entlassen werden konnte und bei den ursprünglich in Ansteckungs¬ gefahr befindlich Gewesenen die Incubationszeit bereits verstrichen war, so konnte die Beruhigung Platz greifen, daß mit dem Tode der Albine Pecha das letzte Opfer der Pest in Wien ge fallen war. Mit 31. October 1898 wurde der permanente Dienst des Stadtphysikates aufge¬ hoben und Wien durfte endlich wieder nach zwei bangen sorgenvollen Wochen erleichtert aufathmen. Auch im Laufe der diesjährigen Berichts¬ periode hat der Tod reiche Ernte in der politi¬ chen, literarischen und in der Kunst=Welt Oester¬ reichs gehalten. Am 10. Juli 1898 starb in Mödling der Componist und Dirigent Max v. Weinzierl im 57. Lebensjahre. Er war am 16. September 1844 in Bergstadt in Böhmen geboren, hatte am Wiener Conservatorium studirt und war ein guter und productiver Musiker geworden. Seine glänzendste Begabung zeigte er im Componiren von Chorliedern und geistlichen Gesängen, weniger glücklich war er mit seinen Operetten „Don Quixote“, „Fioretta“, „Page Fritz“ „Die Försterstochter“ und „Die gelbe Rose“ Am 17. August 1898 starb in Baden bei Wien der Componist Dr. Karl Zeller. Am 19. Juni 1842 in St. Peter in der Au (Niederösterreich) geboren, trat er nach erfolgter Promotion zun Doctor der Rechte in den Staatsdienst ein, in welchem er, 1873 in das Unterrichtsministerium berufen, rasch bis zum Hofrathsrange avancirte Als Componist — ein Schüler des Hoforganisten S. Sechter — trat er zuerst mit den Lieder¬ spielen „Das kölnische Narrenfest" und „Die Thomasnacht“ für Männerchor und Clavier hervor und betrat im Jahre 1876 zum ersten Male mit der komischen Oper „Joconde“ die Bühne. Daran reihten sich die Operetten „Ca¬ pitän Nicol“ (1880), „Vagabund“ (1886), „Der Vogelhändler“ (1891) und „Der Obersteiger“ mit welch letzteren sich Zeller im Fluge die Bühnen zweier Welttheile eroberte. Auf den Abend eines Lebens warf ein Meineidsproceß, in dem er infolge eines Erbschaftsstreites angeklagt und — allerdings nicht rechtskräftig verurtheilt worden war, einen düsteren Schatten. Am 22. August 1898 verschied der Wiener Erzbischo Dr. Eduard Angerer im Alter von 81 Jahren. Ein geborener Wiener, war er ein echter Priester, ein Mann von edler Gesinnung, welcher der Politik, so weit es eben anging, auswich. Am 8. October 1898 starb in Wien Nikolaus Oester¬ lein. In Wien am 4. Mai 1841 geboren, war Oesterlein einer der begeistertsten Anhänger Richard Wagner's. Er errichtete aus seinen eigenen Mitteln das Richard Wagner=Museum in Wien, welches 1887 eröffnet wurde und das interessanteste, ja einzig dastehende culturhisto¬ rische Museum — durch die Kraft eines Ein¬ zelnen geschaffen —war, einige Jahre vor dem Tode Oesterlein's aber einer Gesellschaft nach Eisenach verkauft wurde, wo es nun ein be¬ chauliches Stillleben führt. Von großer Bedeu¬ tung für die Wagner=Forschung ist auch der von Oesterlein verfaßte und herausgegebene „Katalog einer Richard Wagner=Bibliothek“. Am 29. October 1898 starb in Wien der Land¬
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