66 theidigung der bürgerlichen Gesellschaft gegen die Anarchisten. Dieser Anregung folgend, trat am 24. November 4898 zu Rom eine inter¬ nationale Conferenz gegen die Anarchisten zu¬ sammen, an welcher sich die Vertreter aller europäischen Staaten betheiligten. Die Con¬ ferenz führte zu nicht zu unterschätzenden Er¬ gebnissen. Die Anti=Anarchisten=Conferenz sollte aber nicht die einzige internationale Conferenz bleiben zu welcher in der Berichtsperiode die Vertreter aller selbständigen Staaten, u. zw. nicht nur Europas einberufen werden sollten. Am 28. August 1898 brachte der „Regierungsbote“, das Petersburger Amtsblatt, eine Nachricht, welche für die gesammt gesittete Welt eine sensationelle Ueberraschung vildete, eine Kundgebung des Zaren für den Welt frieden. Nach jener Nachricht hatte der russische Minister des Aeußern, Graf Murawieff, am 24. August sämmtlichen am Petersburger Hofe beglaubigten auswärtigen Vertretern über Befehl seines Kaisers eine Mittheilung zur Kenntniß gebracht, welche, eine beredte Philippica gegen den bewaffneten Frieden und die unerschwing¬ lichen Lasten des Militarismus in dem Vor¬ schlage des Zusammentrittes einer Conferenz gipfelt, die sich mit dem Probleme, den unauf hörlichen Rüstungen ein Ende zu setzen und die Mittel zur Beseitigung jener Kriegsgefahren, von welchen die ganze Welt fortwährend bedroh¬ erscheint, ausfindig zu machen, befassen sollte. Der fulminante Appell des russischen Kaisers an die Mächte, der großen Idee des allgemeinen Friedens zum Siege über die Elemente der Zerstörung und Zwietracht zu verhelfen, verhallte nicht ungehört. Die Regierungen der zur Theil¬ nahme an der Conferenz berufenen Staaten er¬ klärten sich im Principe für den Zusammentritt dieser Conferenz, und nachdem im Jänner 189. Graf Murawieff ein Rundschreiben erlassen hatte, welches in allgemeinen Grundzügen das Conferenzprogramm (Nichtvermehrung des gegen¬ wärtigen Effectivstandes der Land= und See¬ streitkräfte, Verbot der Einführung neuer Schuß waffen und Explosivstoffe in Armee und Marine Anpassung der Genfer Convention auf Seekriege principielle Annahme der Verwendung von guten Diensten zum Zwecke der Vermittlung, sowie eines facultativen Schiedsgerichtes, um bewaffneten Conflicten unter den Nationen vorzubeugen entwickelte, und endlich mit Zustimmung der holländischen Regierung Haag als Conferenzort — bestimmt worden war, wurde die Conferenz zu welcher der Papst keine Einladung erhielt und auf welcher an außereuropäischen Staaten die Vereinigten Staaten von Nordamerika, China — Japan, Persien und Siam vertreten waren am 18. Mai in der genannten Stadt, im „Haus im Busch“ feierlich eröffnet. Wenn auch der Verlau und die Ergebnisse der bisherigen Conferenzver handlungen die anfangs hochgespannten Erwar tungen der Friedensfreunde ziemlich abgedämpft haben, so ist doch die Hoffnung nicht unbe¬ versammelten gründet, daß die in Haag Staatendelegirten schließlich doch zu einer Eini gung gelangen und Beschlüsse fassen werden welche den großherzigen und menschenfreund¬ lichen Absichten des Beherrschers aller Reußen im Großen und Ganzen entsprechen. Oesterreich-Angarn. Das Jahr 1898, in welchem Kaiser Franz JosefI. das fünfzigjährige Jubiläum seines Regierungsantrittes beging, sollte für die Völker Oesterreichs ein Jahr der Feste und des Jubels werden—die Genfer Schreckensthat hat es für dieselben zu einem Jahre des Schmerzes ver¬ wandelt. Die officiellen Festlichkeiten wurden ab¬ gesagt und ebenso mußte eine ganze Reihe von anderen Feierlichkeiten, welche aus Anlaß des Kaiserjubiläums geplant waren, unterbleiben. Umso kräftiger äußerte sich die Theilnahme der Bevölkerung an dem Kaiserjubiläum in jenen Acten der Wohlthätigkeit, welche, dem menschen freundlichen Wunsche des Monarchen entsprechend das Andenken an das Jubeljahr in den kom¬ menden Geschlechtern wach erhalten sollen. Man wird nicht fehlgreifen, wenn man die Gesammt¬ summe aller aus Anlaß des Jubiläums gemachten Schenkungen auf circa 50 Millionen Kronen beziffert. So wird denn der 2. December von iun ab für tausende Unglücklicher, die an diesem Tage aus den Stiftungen Wohlthaten empfangen werden, ein Tag der Freude und des Glückes ein. Für Wien speciell wird ein bleibendes Er¬ innerungszeichen an das Kaiserjubiläumsjahr das am 44. December 1898 unter der Direction Müller=Guttenbrunn eröffnete, von den Archi¬ tekten Alexander Graf und Baron Krauß erbaute Kaiserjubiläums=Stadttheater an der ehemali¬ gen Währingerlinie sein. Das Programm des Eröffnungsabends brachte ein Festspiel von Franz Wolff „Ander Währingerlinie“, welches mit einer Huldigung für den Kaiser schloß, und Heinrich v. Kleist's Drama: „Die Hermannsschlacht“. Die Plafondgemälde des Hauses, sowie der chöne Theatervorhang, dessen Grundgedanke eine allegorische Versinnbildlichung des Einflusses der Volksseele auf die deutsche dramatische Dicht¬ kunst bildet, sind ein Werk des Historienmalers Professor Karl Schüller. Der Kaiser selbst aber wollte in seinem Jubiläumsjahre all Jenen, welche, sei es im Militärverbande, sei es als Civil=Staatsbedien¬ tete, dem Staate ihre Dienste geweiht, ein Er¬ innerungszeichen widmen und er schuf daher mit Handschreiben vom 18. August 1898 eine Militär=Jubiläumsmedaille und eine Jubiläums¬ Beamtenmedaille, welche ausschließlich zum An¬ denken an den 2. December 1898 verliehen wurden Gleichzeitig stiftete der Kaiser für eine un¬ unterbrochene 40jährige treue und zufrieden¬
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