Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1900

Besitzesfreude, daß ihm alles Andere, was nicht die Wirthschaft betraf, gar keine Beachtung abgewann. So derart beschäftigt, kam es ihm, dem jungen Menschen, nicht einmal gelegen, daß seine Bäuerin sich in der Faschingszeit ein wenig unterhalten wollte. Aber er wendete gegen ihren Wunsch nichts ein Freilich, als er erst einmal mit ihr auf der ersten Unterhaltung war, nahm die Tanzfreude seinen Sinn ganz gefangen; Franz war von jeher ein leidenschaftlicher Tänzer. Wenig behagte ihm aber dabei eine ziemlich schwerfällige Bäuerin; bei ihrer Körperfülle war sie beim Tanzen von einer zu langsamen, hindernden Bewegung. Da suchte sich denn der Franz bald bessere Tänzerinnen aus— zum Verdruß eines Weibes. Er, wenn er so dahinflog mit glühendem Gesicht, behende mit seiner Tänzerin umherwirbelnd, er dachte freilich nicht daran, daß dort am Tische ein Weib sitze, das von mächtigem Grolle erfüllt sei gegen ihn; dachte nicht einmal daran, daß es da ein Weib gebe, welches ein starkes Recht habe auf ihn und seine Gegenwart. Auf dem Nachhausewege kam's ihm freilich zum Bewußtsein; denn da sagte es ihm seine Bäuerin eindring¬ lich genug. Aber was es nützte?! Wie er eine Woche darauf wieder zum Tanzen kam, war's dasselbe. Und wieder war es ein schlimmes Nachhausegehen, schlimmer als das erste Mal. Die Bacherbäuerin hatte es plötzlich an sich erfahren, daß der Groll, der sie wegen ihres Mannes peinige, ein wenig tiefer kam, wie sie zuerst geglaubt; das Herz sprach gar zu laut mit. Wie sehr ie an dem Manne hing, der ihr gehörte das wußte sie erst jetzt. Nie und nimmer würde sie ihn einer Andern gönnen! Sie war neidig auf je¬ des Wort, das er mit einer Andern sprach, auf jeden Blick, den er auf eine Andere warf; und nun peinigte sie ihn nicht allein deswegen, daß er sie so wenig zum Tanzen nehme, mehr noch quälte sie ihn mit ihrer plötzlich aufge¬ wachten, heftigen Eifersucht. 53 Dem Franz war das unbehaglich ge¬ nug, ja es schreckte ihn förmlich von seinem Weibe zurück. Er war sich nicht im mindesten einer Schuld bewußt und ein ruhiges Wesen scheute die Aufregun¬ gen, die das Weib in ihm wachrufen wollte. Und von dieser Zeit an wich der Friede von dieser Ehe. Dem Franz wurde es bald verleidet, in die Kirche oder ins Wirthshaus zu gehen, denn die charfen Blicke seiner Bäuerin beobachte¬ ten ihn jederzeit und er fühlte dies allein schon mit Unbehagen; aber so viel er sich auch zusammennahm, daß sie keine Ursache zur Eifersucht finden sollte, er machte ihr 's doch nicht recht; er hätte denn mit keinem einzigen Weibsbild mehr reden sollen und das ging ja doch nicht an. Mit jedem Tage wurde es dem Franz in seinem Hause unleidlicher oder eigentlich: sein Weib wurde ihm unleid¬ licher, unliebsamer; und mehr als je suchte er die Zeit mit vielem Arbeiten auszu¬ füllen und vermied so viel wie möglich ein Zusammensein mit seinem Weibe. III. Im Monat April fing die Bacher¬ bäuerin plötzlich zu kränkeln an und bald darauf mußte sie das Bett hüten; sie hatte heftige Fieberanfälle, die sie ganz kraftlos machten; wochenlang war sie so schwach, daß sie das Bett nicht verlassen konnte. In dieser Zeit war ihr die Sephi eine treue Pflegerin, die mit unendlicher Geduld ihre Launen ertrug. Denn einen Ablenker mußte die Bäuerin für ihren gegen den Ehemann gerichteten Groll haben und den gab die Sephi ab. Da machte die Erstere auf einmal eine Ent¬ deckung. Es war gegen Abend; die Sephi saß auf einem Stuhl neben dem Lager der Bäuerin und strickte an einem grobfädi¬ gen blauen Strumpfe. Hin und wieder prachen die zwei Weibsleute über die Verhältnisse der Bauern aus dem oberen Mühlviertel, denn von da herunter war

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